Der Kapitän ist frei - drei Piraten sind tot

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Überwältigte GeiselnehmerDer Kapitän ist frei - drei Piraten sind tot

Richard Phillips, der amerikanische Kapitän, der vier Tage lang in der Hand von somalischen Piraten war, ist frei. Die Geiselnahme endete gewaltsam. US-Vizeadmiral William Gortney gab am Sonntagabend einige Details zur Befreiungsaktion bekannt, bei der drei der vier Seeräuber von einem Kriegsschiff aus erschossen wurden.

Die Situation ist gemäss Vizeadmiral Gortney eskaliert, weil Kapitän Phillips in unmittelbarer Lebensgefahr gewesen sei. Das US-Marineschiff «Bainbridge» hat demnach das Rettungsboot der «Maersk Alabama», auf dem sich Phillips mit drei seiner vier Geiselnehmer befand, im Schlepptau gehabt. Der Vierte der Piraten, die den 53-jährigen Amerikaner seit Mittwoch in ihrer Gewalt hatten, war auf der Bainbridge zu Gesprächen.

Weil die auf dem Rettungsboot verbliebenen Seeräuber ihre Kalashnikov-Gewehre und Pistolen auf Philips gerichtet hatten, eröffneten US-Truppen das Feuer. Sie trafen die drei Piraten auf dem Rettungsboot tödlich. Der Kommandeur der Bainbridge habe «binnen des Bruchteils einer Sekunde» die Entscheidung getroffen, auf die Piraten zu schiessen, erklärte Vizeadmiral Gortney in einer telefonischen Medienkonferenz vom US-Kommando in Bahrain aus.

Die vier Piraten hätten die ganze Zeit über mit der Ermordung von Phillips gedroht. Sie hätten ihm immer wieder ihre Gewehre und Pistolen an den Kopf gehalten. Auch sei er nach dem Scheitern eines Fluchtversuchs vom Freitag zumeist gefesselt gewesen.

Phillips habe aber keine Verletzungen davongetragen. Es gehe ihm gut. Er werde nun auf dem Kriegsschiff «USS Boxer» medizinisch versorgt. Auf dieses Schiff wurde auch der gefangene Pirat transferiert. Ob er vor ein amerikanisches Gericht gestellt oder an die kenianischen Behörden übergeben werde, sei Gegenstand von Abklärungen des US-Justizministeriums.

US-Präsident Barack Obama habe ein gewaltsames Eingreifen autorisiert, wenn der Kapitän in Lebensgefahr sei. Obama selbst erklärte am Sonntag, die Sicherheit von Richard Philipps habe für ihn stets höchste Priorität gehabt. Der US-Präsident lobte die erfolgreiche Militäraktion sowie den Mut des Kapitäns, der sich für seine Mannschaft geopfert habe. Er sei «ein Vorbild für alle Amerikaner».

Piraten schwören Rache

Die Seeräuber kündigten Vergeltung für den Tod ihrer Gesinnungsgenossen an. «Die Franzosen und die Amerikaner werden es noch bedauern, mit dem Töten begonnen zu haben», sagte einer der Piraten der Nachrichtenagentur Reuters per Satellitentelefon.

Auch französische Spezialeinheiten hatten am Wochenende eine Jacht aus den Händen der Piraten befreit und dabei zwei Seeräuber getötet. Eine der Geiseln war bei dem Einsatz ums Leben gekommen.

Frische Wäsche für den Kapitän

Den Ausführungen von Vizeadmiral Gortney zufolge driftete das Boot mit Kapitän Phillips und den Piraten nicht immer näher an die somalische Küste, sondern die US-Marine hat es selber in ruhigere Gewässer geschleppt. Zunächst hiess es, die Marine befürchte, durch die Annäherung ans Ufer könnte Phillips an Land gebracht und so besser versteckt werden.

Es hat offenbar auch regelmässige Kontakte zwischen der US-Navy und den Entführern gegeben, auch zur Versorgung des Rettungsboots, beispielsweise mit frischer Wäsche für Kapitän Phillips. Offiziell hat die US-Regierung aber Verhandlungen mit den Seeräubern abgelehnt.

USA wollten keine Straffreiheit gewähren

Somalische Stammesführer hatten noch am Sonntag mit den Piraten Gespräche über eine Freilassung des Kapitäns geführt. Ähnliche Gespräche waren in den vergangenen Tagen daran gescheitert, dass die Piraten auf Straffreiheit und die USA auf die Überstellung der Seeräuber an die somalischen Behörden pochten. Laut US-Medien verlangten die Piraten ein Lösegeld von zwei Millionen Dollar. Vizeadmiral Gortney bestätigte lediglich, es sei ein substanzieller Geldbetrag gefordert worden.

Erleichterung bei der Familie

Familie, Freunde und Kollegen des Kapitäns zeigten sich überglücklich von der Befreiung. «Wir sind absolut begeistert darüber, dass Richard in Sicherheit ist und bald wieder mit seiner Familie vereint sein wird», teilte der Chef von Phillips Reederei, John Reinhart, mit. Man sei der US-Marine, der US-Bundespolizei FBI und vielen anderen, die an der Befreiung mitgearbeitet hätten, «zutiefst dankbar».

Laut Reinhart war die Reederei der «Maersk Alabama» um 19:30 Uhr (mitteleuropäischer Zeit) von der Befreiung Phillips unterrichtet worden. Er habe umgehend Phillips Frau Andrea angerufen, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen. «Wir freuen uns darauf, ihn in den kommenden Tagen zu Hause wieder willkommen zu heissen», so Reinhart.

Nervenkrieg auf hoher See

Der Kapitän war bereits am Freitag für kurze Zeit seinen Entführern mit einem Sprung ins Meer entkommen. Die Piraten eröffneten jedoch das Feuer und zwangen Phillips zurück an Bord. US-Medienberichten zufolge hatte sich am Samstag ein kleines Boot der US-Marine den Geiselnehmern genähert, war aber von Schüssen der Piraten vertrieben worden. Am Sonntag waren US-Helikopter über eine berüchtigte Piratenhochburg im Nordosten Somalias im Tiefflug gedonnert. In den vergangenen Tagen waren neben der «USS Bainbridge» zwei weitere US-Kriegsschiffe zum Ort des Geschehens geeilt.

Die «Maersk Alabama» war am Mittwochmorgen rund 500 Kilometer vor der somalischen Küste angegriffen worden. Der Kapitän wurde als einziges Besatzungsmitglied von den Seeräubern auf ein Rettungsboot entführt.

Nach Angaben der Besatzung der «Maersk Alabama» wies Phillips seine Männer an, sich in Sicherheit zu bringen und einzuschliessen. Dann habe sich der 53-Jährige den somalischen Seeräubern ergeben, um die Mannschaft zu retten.

Keine Nachricht von entführten Italienern

Einen Tag nach der Entführung eines italienischen Schleppers vor der Küste Somalias hat es noch kein Lebenszeichen von der Besatzung gegeben. Angehörige warteten am Sonntag voller Sorge auf eine Nachricht von den 16 Besatzungsmitgliedern. An Bord der «Buccaneer» befanden sich nach Angaben der Reederei Micoperi zehn Italiener, fünf Rumänen und ein Kroate.

Das Aussenministerium in Rom erklärte, das italienische Kriegsschiff «Maestrale» habe inzwischen das Seegebiet erreicht, wo die «Buccaneer» entführt worden sei. Weitere Einzelheiten wurden nicht mitgeteilt, um das Leben der Seeleute nicht zu gefährden. Der Schlepper befand sich auf dem Weg von Singapur nach Suez und zog bei dem Überfall am Samstagmorgen zwei Lastkähne.

(Quelle: rub/SDA/AP)

Befreite französische Geiseln heimgekehrt

Die bei einem Militäreinsatz am Horn von Afrika befreiten französischen Geiseln sind am Sonntag heimgekehrt. Eine Maschine des französischen Verteidigungsministeriums landete am Abend mit den vier Ex-Geiseln auf dem Flughafen Villacoublay bei Paris. An Bord der Falcon befanden sich die befreite Frau mit ihrem dreijährigen Knaben sowie ein befreundetes Ehepaar.

Die Leiche der fünften Ex-Geisel, des beim Militäreinsatz getöteten Vaters des Dreijährigen, soll in den kommenden Tagen nach Frankreich gebracht und untersucht werden. Verteidigungsminister Hervé Morin hatte nicht ausgeschlossen, dass er durch Schüsse französischer Sicherheitskräfte getötet wurde. Der Militäreinsatz am Freitag war angeordnet worden um zu verhindern, dass die Geiseln von Piraten an Land geschleppt werden. Bei der Befreiungsaktion waren auch zwei Piraten getötet worden, drei weitere wurden festgenommen. (Quelle: SDA)

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