Echter Babykopf in Berner Museum
Das Kunstmuseum Bern nimmt die umstrittene Skulptur «Ruan» des chinesischen Künstlers Xiao Yu provisorisch aus der Ausstellung. Der Babykopf auf der Möwe ist echt.
Ein umstrittenes Exponat der aktuellen China- Ausstellung im Berner Kunstmuseum besteht tatsächlich aus Teilen eines menschlichen Fötus. Dies haben Nachfragen der Museumsverantwortlichen beim Künstler ergeben.
Es handle sich nicht um eine Kopie, sondern um ein menschliches Präparat, teilten die Museumsverantwortlichen am Dienstag mit. Das Präparat stamme aus dem Naturhistorischen Museum in Peking, wo es seit den Sechziger- oder Siebzigerjahren zu Studienzwecken ausgestellt war.
Der Künstler habe den Kopf des sechs Monate alten Fötus von einem Forscher des Museums erhalten, der die Aufgabe hatte, die alten Präparate zu entsorgen und durch neue zu ersetzen.
Experten diskutieren
Das Exponat wird nun vorerst aus der Ausstellung entfernt, wie die Verantwortlichen des Kunstmuseums weiter mitteilten. Die gegenwärtige Kontroverse drohe, die objektive Wahrnehmung der Ausstellung zu gefährden. Am 22. August findet im Kunstmuseum ein Expertensymposium zu Fragen im Zusammenhang mit dem Werk statt. Danach wird über das weitere Vorgehen entschieden.
Bei dem Werk des chinesischen Künstlers Xiao Yu handelt es sich um den Körper eines Vogels mit einem aufgesetzen menschlichen Fötenkopf. Es wird - ähnlich einem wissenschaftlichen Präparat - in einem mit Flüssigkeit gefüllten Glasbehälter präsentiert.
Störung des Totenfriedens
Wegen Störung des Totenfriedens, Gewaltdarstellung und Verstosses gegen das Tierschutzgesetz hat der Walliser Historiker und Blog-Journalist Adrien de Riedmatten am Montag Strafanzeige eingereicht.
Die Anzeige richtet sich gegen den Künstler und gegen die Museumsverantwortlichen, aber auch gegen den ehemligen Schweizer Botschafter in China, Uli Sigg. Dieser ist der Besitzer der ausgestellten Sammlung chinesischer Kunst.
Der chinesische Künstler Xiao Yu hat derweil gleichentags seine Skulptur «Ruan» verteidigt. Der in Formalin eingelegte Möwenkörper mit dem Kopf eines menschlichen Embryos ist Gegenstand einer Strafanzeige wegen Gewaltdarstellung und Störung des Totenfriedens.
«Gerade weil ich alles Leben achte, habe ich dies getan», sagte Xiao am Dienstag auf Anfrage der AP. «Der Vogel und der Fötus starben, weil mit ihnen etwas nicht stimmte. Ich habe sie zusammengesetzt, wie wenn sie dadurch ein anderes Leben haben könnten», sagte der Künstler.
Xiao kaufte den menschlichen Fötus-Kopf nach eigenen Angaben 1999 für einige Dollar von einem Mann, der eine medizinische Ausstellung räumte. Die Glasflasche mit dem Kopf war laut Xiao mit einem handgeschriebenen Zettel versehen, der den Inhalt als weibliche Spezies aus den 60-er Jahren beschrieb. Ein Name wie auch eine Angabe der Todesursache hätten gefehlt, doch sei ein Datum vermerkt gewesen. Er habe den Zettel verloren. «Es war aber in der Nähe meines Geburtstags, ich habe dies damals als Zufall betrachtet. Xiao kam am 22. April 1965 zur Welt.
Er geht aufgrund der Entwicklung des Kopfes davon aus, dass der Fötus von einer Fehlgeburt im sechsten Monat stammt. Von einer Abtreibung sei nicht auszugehen, datiere der Fötus doch vor Chinas «Ein-Kind-Politik» zur Geburtenkontrolle. «Ich will, dass es gezeigt wird», sagte Xiao.
(dapd)