«Nicht der Islam, sondern die SVP ist eine Gefahr»

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Rassismuskommission«Nicht der Islam, sondern die SVP ist eine Gefahr»

Georg Kreis, Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, sagt im Interview mit 20 Minuten Online, warum die Plakate Hass gegen Muslime schüren und weshalb anonyme Spender die grösste Schwäche der Schweizer Demokratie sind.

Adrian Müller
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Adrian Müller

20 Minuten Online: Die eidg. Kommission gegen Rassismus (EKR) sagt, dass die Minarett-Plakate den öffentlichen Frieden gefährden. Was ist so schlimm an dem Sujet?

Georg Kreis: Das Plakat als Gesamtbild diffamiert die Muslime auf übelste Art und Weise und es lebt von einer sehr aggressiven Bildsprache. Die Raketen-Minarette etwa sind kein Zufall, sondern gezielte Hetze gegen eine Volksgruppe. Auch die Burka ist blosser Populismus – denn in der Schweiz gibt es praktisch keine Musliminnen, welche eine Burka tragen. Das Plakat ruft zum Hass gegen die Muslime auf und stört so den inneren Frieden der Schweiz. Mit der Einstufung als diffamierend und hetzerisch wollen wir die Schweiz und nicht den Islam schützen. Denn momentan ist nicht der Islam, sondern die SVP mit ihrer Kampagne eine Gefahr für die Schweiz.

SVP-Exponenten werfen der EKR vor, sie habe kein Recht, als Zensurbehörde zu agieren und die Plakate zu verbieten. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Wir zensieren gar nichts, sondern geben bloss mit der Einstufung eine indirekte Empfehlung ab. Es ist nun an den Städten und Gemeinden, eine Güterabwägung vorzunehmen und je nach Ergebnis ein Verbot auszusprechen. Ich wünsche mir jedoch, dass viele Gemeinden Basel und Lausanne folgen und das Plakat verbieten. Dies könnte eine positive Dynamik in Gang setzen.

Ein Verbot des Plakates ist bloss Wasser auf die Propagandamühlen der SVP, denken viele. Inwiefern hat diese Tatsache den Entscheid beeinflusst?

Die Methoden der SVP sind seit Jahren gleich, aber deshalb dürfen wir nicht einfach wegschauen. Wir lassen uns nicht das Maul verbinden. Ich frage mich vielmehr, wem (SVP-Einzelspender, die Red.) die Diffamierung der Muslime eine sechsstellige Geldsumme wert ist. Es ist feige, dass diese Leute nicht zu ihrer Spende stehen (eine Art von Burka!). Dass diese Zuwendungen nicht offengelegt werden müssen, ist die grösste Schwäche der Schweizer Musterdemokratie.

Zur Person

Georg Kreis (65) ist Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. Der Historiker leitet zudem das Europainstitut der Universität Basel. Kreis hat zudem in der Bergier-Kommission zur Erforschung der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg mitgearbeitet.

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