Den Asbest-Soldaten blieb nur der Galgenhumor

Aktualisiert

Skandal-Unterkunft der ArmeeDen Asbest-Soldaten blieb nur der Galgenhumor

Humor ist, wenn man trotzdem lacht: Nach etlichen ungehörten Beschwerden bei den Vorgesetzten rächten sich die Asbest-Soldaten kreativ. Sie entwarfen für den Kompanieabend eine makabre Einladung – aber auch die schreckte die Oberen nicht davor zurück, erneut Soldaten in der Asbest-Halle unterzubringen.

von
A. Mustedanagic und L. Mäder

Makaber, anders kann man den Flyer für den Kompanieabend der Panzerjäger wohl nicht beschreiben. Die Kompanie hatte sich im September 2008 mehrmals beim Kommandanten beklagt und auf die Asbest-Gefahr hingewiesen – ohne Erfolg (20 Minuten Online berichtete).

«Das Militär sagte nein – zu teuer»

Die Soldaten mussten weiter täglich in der Halle essen. Aber als die Truppe auch noch den Kompanieabend in der verseuchten Hallen verbringen sollte, platzte einigen der Kragen. «Sie haben sich zusammengetan und den Flyer entworfen», sagt Franz M.*. Der Flyer ist mit einem Asbest-Warnkleber versehen, wie er auf dem Verwo-Areal in Pfäffikon anzutreffen war. Vom Sujet wusste auch der Kompaniekommandant, wie er gegenüber 20 Minuten Online bestätigt. Laut Franz M. sei es ein Protest gewesen. «Wir wollten in den Event Dome in Pfäffikon zum Kompanieabend, das Militär sagte nein – zu teuer.» Als Option erhielten die Soldaten die Möglichkeit, im Asbestraum zu feiern oder den Abend in der Eventhalle selbst zu bezahlen, sagt Franz M.

«Wir sind dem Galgenhumor verfallen»

Einige Soldaten haben sich daraufhin eine Rolle Asbest-Kleber besorgt und angefangen, die Kleber zu verteilen. «Die wurden zum Running-Gag», sagt Franz M. Der Flyer sei die Krönung gewesen. «Da sind wir bereits in Galgenhumor verfallen.» Am Kompanieabend selbst habe man dann auch noch humoristische Fragebögen ausgefüllt. In einer der Fragen ging es um Asbest.

Allen Beschwerden, Flyern und Asbest-Kleber zum Trotz: Im Oktober entschieden erneut Kommandanten, eine Kompanie in der Asbesthalle zu verpflegen. Jetzt untersucht die Armee, warum. Die Soldaten im September hatten genug vom Asbest: «Wir haben», sagt Franz M., «dann doch lieber selbst bezahlt und im Event Dome gefeiert.»

Wurden auch Sie in der Asbest-Halle verpflegt oder haben Sie Informationen zum Fall? Mailen Sie uns: feedback@20minuten.ch

Asbest

Asbest galt jahrelang als «Wunderfaser» und wurde in den unterschiedlichsten Industriezweigen verarbeitet. Es besitzt eine grosse Festigkeit, ist äussert hitzebeständig und isoliert hervorragend. Aufgrund der inzwischen eindeutig festgestellten Gesundheitsgefahren ist der Einsatz heute aber in der Schweiz und der EU verboten. Asbest ist verbaut ungefährlich. Werden aber einzelne Fasern freigesetzt – durch Abrieb, Verwitterung oder Bearbeitung – und eingeatmet, ist es höchst gesundheitsschädlich.

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