Mehrheit will allgemeine Wehrplicht abschaffen

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Online-UmfrageMehrheit will allgemeine Wehrplicht abschaffen

Künftig soll es einfacher sein, Zivildienst zu leisten. Das hat der Ständerat am Donnerstag entschieden. Doch vielen ist auch die allgemeine Wehrpflicht ein Dorn im Auge, wie eine Umfrage von 20 Minuten Online zeigt.

Freie Wahl des Zivildienstes: Der Ständerat hat am Donnerstag die Gewissensprüfung abgeschafft. Künftig können junge Männer frei wählen, ob sie Militär- oder — anderthalb mal so lang — Zivildienst leisten wollen. Dieser Schritt weg von der allgemeinen Wehrpflicht hin zur Dienstpflicht findet bei vielen Rückhalt, wie eine nicht repräsentative Web-Umfrage von 20 Minuten Online zeigt: 59 Prozent aller Teilnehmer geben an, dass sie die allgemeine Wehrpflicht für nicht mehr zeitgemäss halten.

Gegen Gewissensprüfung

In der Schweiz sind alle Männer wehrdienstpflichtig, sofern sie nicht Doppelbürger eines Staates sind, in dem sie von der Militärdienstpflicht befreit sind. Frühestens im Alter von 19 und spätestens mit 25 Jahren werden sie rekrutiert. Bei Frauen und Auslandschweizern geschieht dies auf freiwilliger Basis. Wer nicht Dienst an der Waffe leisten will, kann ein Gesuch für Zivildienst stellen. Dieses Recht existiert seit 1992. Allerdings war in diesem Fall bisher eine Gewissensprüfung obligatorisch. 53 Prozent sind der Meinung, dass eine solche Massnahme nicht angemessen ist. Sie sprechen sich für eine Wahlfreiheit aus.

Doch nicht nur die Darlegung der Beweggründe vor einer Kommission stösst vielen sauer auf. Auch den sogenannten Tatbeweis, den das Parlament nicht abschaffen will, findet fast jeder Zweite antiquiert. Dieser besteht darin, dass sich Zivildienstleistende verpflichten, eineinhalbmal so lange Dienst zu schieben, wie Angehörige der Schweizer Armee. 49 Prozent finden dies nicht angemessen und sind der Meinung, dass Zivil- und Militärdienstdauer angeglichen werden sollten.

Alternative Modelle gefordert

Von den Gegnern der allgemeinen Wehrpflicht sprechen sich rund 41 Prozent für ein gemischtes Modell aus. Die Landesverteidigung würde dabei von einer Freiwilligen- und Berufsarmee übernommen. 31 Prozent würden sogar die Einführung einer reinen Berufsarmee begrüssen. Die Armee ganz abzuschaffen, wird von 17 Prozent der Befragten unterstützt. Jeder Zehnte ist für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht. Ihrer Ansicht nach sollte eine freie Wahl zwischen Sozial-, Zivil- oder Militärdienst bestehen. Eines dieser alternativen Modelle zur allgemeinen Wehrdienstpflicht könnte möglicherweise auch zu einer Reduzierung der inoffiziellen Dienstverweigerer führen.

Untauglichkeit oft vorgeschoben

Rund 40 Prozent der Rekruten wird bei der Aushebung eine stark verminderte Gesundheit attestiert. Sprich: Sie sind dienstuntauglich. Allerdings behaupten der Umfrage zurfolge 57 Prozent, dass sie über den «blauen Weg» vom Dienst befreit wurden: Sie haben nach eigener Auskunft mittels ärztlicher Atteste die Untauglichkeit lediglich vorgetäuscht. Ob aus Bequemlichkeit oder als stiller Protest gegen das bestehende Modell, ging aus der Umfrage allerdings nicht hervor.

(oku/mdr)

Insgesamt 4.763 Teilnehmer haben sich an der Online-Umfrage zum Wehrdienst beteiligt. Davon 4.380 Männer, von denen 80 Militärdienst geleistet haben. 6 Prozent haben Zivildienst absolviert und 14 Prozent waren untauglich. Von den 382 Frauen haben 16 Prozent freiwillig Wehrdienst geleistet.

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