Mit Schnaps, Skianzug und langer Unterhose

Aktualisiert

SVP-Parteitag im SchneeMit Schnaps, Skianzug und langer Unterhose

Sylvia Flückiger vertraut auf eine Wärmesalbe, Hansjörg Walter auf Hochprozentiges. Die SVP-Politiker sind für ihren Outdoor-Parteitag gerüstet.

von
Ronny Nicolussi
Bern

Wenn sich SVP-Mitglieder am Samstag um 10.30 Uhr in Gland im Kanton Waadt auf einem offenen Feld zum Programmparteitag treffen, dürfte das Thermometer nicht mehr als minus sieben Grad Celsius anzeigen. Trotzdem wollen auch über ein Dutzend Bundesparlamentarier der Kälte trotzen. Von den 64 National- und Ständeräten der SVP antworteten auf eine entsprechende E-Mail-Anfrage von 20 Minuten Online bis Donnerstagabend deren 18. 15 von ihnen gaben an, am Parteitag teilzunehmen.

Während sich der Berner Oberländer Nationalrat Adrian Amstutz mit einem Skianzug gegen die Kälte schützen will, schwört seine Aargauer Ratskollegin Sylvia Flückiger auf das Drei-Schichten-Prinzip und gefütterte Stiefel. Als Geheimrezept gegen kalte Wintertage im Freien gibt sie an: «Wärmesalbe (Dul-x) eincremen, hüpfen an Ort und zur Not einen Schluck Tee aus dem Flachmann nehmen.»

Auf einen Zaubertrank setzen morgen auch die Nationalräte Hansjörg Walter und Hansruedi Wandfluh. Der Thurgauer Landwirt verrät: «Ich fülle die alte Armee-Feldflasche mit Schnaps.» Wandfluh bevorzugt «eine Portion Glühwein» und zieht zusätzlich lange Unterhosen an. Nur so lässt sich wohl sein Geheimrezept gegen Kuhnagel und Zähneklappern verstehen: «Abhärtung und Wärme im Herzen».

«Schlechtes Wetter? Nein, nur schlechte Kleider.»

Keine Herausforderung dürften die paar Stunden in der Kälte für den Solothurner Nationalrat Walter Wobmann werden. Er sei in den Bergen aufgewachsen und habe als Kind im Zimmer keine Heizung gehabt, verrät er. Ausser einem starken Willen reichten warme Kleider daher gegen die Kälte aus. Dem würde wohl auch Caspar Baader beipflichten. Der Fraktionschef der SVP zitiert einen Spruch, der jedem Rekruten geläufig ist: «Es gibt kein schlechtes Wetter – nur schlechte Kleider.» Kein Zufall, bekleidet Baader doch in der Armee den Rang eines Obersts.

Andere preisen sogar die Qualitäten der kalten Jahreszeit. «Man darf nicht die ganze Zeit sagen: Ich habe kalt, ich habe kalt, ich habe kalt,» rät die Waadtländer Nationalrätin Alice Glauser. Der Winter sei eine schöne Jahreszeit mit reiner Luft. «Bleiben wir also cool und profitieren von diesem Anlass!», so Glauser.

Auch für den Zürcher Nationalrat Hans Fehr geht es am Samstag um eine Frage der Einstellung. «Ein kalter, glasklarer Wintertag fördert auch glasklare Gedanken – das ist gut für einen Programmparteitag», zeigt er sich überzeugt. Zu den Liebhabern des kalten Winterwetters gesellt sich auch der Aargauer Ständerat Maximilian Reimann. Sein Geheimrezept gegen die Kälte: «Die Entwicklung von heissem Zorn gegen die Behinderer der Versammlungsfreiheit im Kanton Waadt.»

Kurzfristig ausgeladen

Damit spielt er auf die Gründe für die Versammlung bei Minustemperaturen unter freiem Himmel an. Ursprünglich hätten sich die SVP-Anhängerinnen und -Anhänger an der Universität in Lausanne treffen sollen, am selben Ort, an dem die SP vor ein paar Wochen ihren Programmparteitag durchgeführt hatte. Nachdem jedoch die Leitung der Universität Drohungen erhalten hatte, lud sie die SVP kurzfristig wieder aus.

Am Entscheid, den Parteitag im Kanton Waadt durchzuführen, wollte die Partei aber nicht rütteln. Doch fand sie in so kurzer Zeit im ganzen Kanton Waadt niemanden, der der Partei einen Saal für rund 1000 Personen vermieten wollte. Also machte die SVP aus der Not eine Tugend und stilisierte den Parteitag kurzum zu einer Landsgemeinde hoch. Unter freiem Himmel, wie der Legende nach die Schweizer Urväter bei ihrem Schwur auf dem Rütli, werden die SVP-Mitglieder einen halben Tag lang über ihr Parteiprogramm diskutieren. Ein Bild, das der grössten Schweizer Partei zum Auftakt ins Wahljahr äusserst gelegen kommt: Die SVP kann sich in der klirrenden Kälte als boden- und eigenständig inszenieren. Ein beheiztes Zelt wird in Gland zwar aufgestellt. Allerdings nur für die Journalisten.

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