AuslandeinsatzKämpfen bald Schweizer Soldaten gegen Piraten?
Der Bundesrat ist bereit, eigene Soldaten zum Schutz von Schiffen unter Schweizer Flagge nach Somalia zu schicken. Die Schweiz habe gar keine andere Wahl, sagte Bundespräsident Pascal Couchepin gegenüber der «SonntagsZeitung».
«Es gibt keine andere Lösung, als eigene Soldaten zu schicken, wenn unsere Schiffe bedroht werden», sagte Couchepin in dem Interview. «Wir haben doch keine andere Wahl. Wollen Sie den Piraten sagen: Halt, wir sind neutral - bitte kapern Sie doch dieses Schiff dort drüben?»
Es gebe zwar noch keinen formellen Entscheid der Landesregierung, «aber die Haltung ist klar», sagte Couchepin. Vor einem definitiven Entscheid sollen nun noch juristische und finanzielle Fragen geklärt werden.
Natürlich sei ein solcher Einsatz nicht einfach. Klar sei deshalb, dass nur Freiwillige in Frage kämen. «Aber es ist keine Kriegsaktion, sondern ein Polizeieinsatz zum Schutz von Schweizer Schiffen», bekräftigte der Bundespräsident.
Im Kielwasser von «Atalanta»
Der Bundesrat prüft derzeit unter anderem eine Beteiligung an der EU-Schutzaktion «Atalanta» mit eigenen Spezialtruppen. Im Gegenzug wäre die EU wohl auch bereit, Schweizer Schiffe zu eskortieren.
Die Schweizer Hochseeflotte zählt etwa 35 Frachter und Tanker mit rund 600 Seeleuten, von denen sechs Schweizer sind. Diese Schiffe fahren auch immer wieder durch den Golf von Aden, der von bewaffneten Piraten mit Schnellbooten unsicher gemacht wird.
Für Bruno Zuppiger, den Präsidenten der Sicherheitskommission des Nationalrats, müssen nicht zwingend speziell ausgebildete Armeeinheiten an die Küste Somalias geschickt werden. Nach Ansicht des Zürcher SVP-Politikers kämen auch Sondereinheiten der Polizei in Frage.
Zuppiger betonte am Sonntag gegenüber Radio DRS, dass die internationalen Rahmenbedingungen eines solchen Auslandeinsatzes stimmen müssten und die Schweizer Sicherheitskräfte nicht unabhängig agieren könnten. «Man kann die nicht völlig isoliert zum Schutz einer Crew auf einem Schiff belassen», sagte Zuppiger.
«Wir können nur einen ganz begrenzten Schutz für die Mannschaft oder die Schiffe direkt garantieren aber sicher nicht einen Seekrieg führen oder allenfalls sogar die Piraten verfolgen in Somalia.»
Angriff auf Schweizer Frachter
Vergangene Woche wurde erstmals auch ein Schweizer Frachter von Piraten angegriffen. Das Schiff der Reederei Enzian befand sich gemäss einem Bericht der «NZZ am Sonntag» auf der Fahrt von Piombino in Italien nach dem saudi-arabischen Hafen Dammam.
Wie die Reederei gegenüber der Nachrichtenagentur SDA bestätigte, wurde der Frachter im Golf von Aden am Dienstag von mehreren Piratenbooten verfolgt, die jedoch nach einiger Zeit wieder von dem Schiff abliessen.
Erster Vorfall dieser Art
Der Frachter habe sich in einem Konvoi von mehreren Transportschiffen befunden. Gleichentags wurden in der Region vier weitere Schiffe angegriffen. Über Funk habe der Kapitän unter anderem den Notruf eines chinesischen Schiffes erhalten, das von den Seeräubern gekapert wurde.
Die Reederei informierte daraufhin die Schweizer Behörden. Laut Jean-Philippe Jutzi, Sprecher des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), ist dies der erste Vorfall dieser Art in der jüngeren Geschichte, der in Bern gemeldet wurde.