Schweizer werden doch nummeriert
Der Bundesrat will nun doch jeden Einwohner mit einer einheitlichen Kennnummer versehen. Er stösst damit seinen eigenen Entscheid vom letzten Herbst um.
Der Eidgenössische Datenschützer ist empört, denn er befürchtet Missbrauch.
An seiner Sitzung vom 10. Juni habe der Bundesrat entschieden, die neue Sozialversicherungsnummer als registerübergreifende Personenidentifikationsnummer (PIN) auszubauen, bestätigte Felix Herzig, Vizedirektor des Bundesamts für Statistik (BFS), einen Bericht der «Berner Zeitung» vom Dienstag.
Die Landesregierung macht damit eine Kehrtwende. Am 27. Oktober 2004 hatte sie noch entschieden, bloss die Einwohner-, Zivilstands- , Ausländer- und Flüchtlingsregister per PIN miteinander zu verknüpfen. Andere Sektoren wie Sozialversicherung, Steuern oder Strafverfolgung sollten ihre eigenen, sektoriellen PIN behalten.
Einfacher für Bürger und Staat
In einem am Montag vom BFS ins Internet gestellten Papier wird ein solcher «Wildwuchs bei den Identifikationsnummern» als «inneffizient und unverständlich» bezeichnet. Eine für alle Register gültige PIN könne diesen Missstand beheben und den administrativen Verkehr zwischen Bevölkerung und Behörden vereinfachen.
Nutzniesser der universellen PIN ist laut Herzig auch die Statistik. Zwingend darauf angewiesen sei sie aber nicht. Die Volkszählung 2010 etwa könnte auch ohne die Einheits-PIN durchgeführt werden.
Als PIN dienen soll eine Sozialversicherungsnummer, die im Rahmen der Revision der AHV-Nummer neu geschaffen wird. Weil die neue Nummer im Gegensatz zur AHV-Nummer «nichtsprechend» ist, also keine Rückschlüsse auf die jeweilige Person zulässt, sieht der Bundesrat den Datenschutz mit der übergreifenden PIN gewährleistet.
Thür: Missbrauchspotenzial
Dem widerspricht der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür. Es sei gefährlich, dass Informationen aus beliebigen Verwaltungsregistern miteinander verknüpft werden könnten - auch wenn die Nummer nichtsprechend sei, sagt er. Dadurch entstünden zahlreiche Missbrauchsmöglichkeiten.
Er fordere eine sektorielle Einteilung der Identifikatoren, wie sie der Bundesrat im Herbst beschlossen habe, sagte Thür. Um diese Sektoren zu definieren, müsse man sich zuerst überlegen, welche Daten zusammengehörten und wozu man die Nummer benutzen wolle. Eine Nummer für alle Sozialversicherungen beispielsweise mache Sinn.
Zuerst den Zweck bestimmen
Nicht akzeptabel sei hingegen das Vorgehen, das der Bundesrat nun gewählt habe. Er führe eine universelle PIN ein, ohne zu sagen, wofür diese später gebraucht werden soll.
Unzureichend sei jedenfalls der Hinweis im Papier des BFS, die PIN könne als Grundlage für E-Voting oder rechtswirksame Handlungen per Internet dienen. Diese Projekte seien noch völlig vage und müssten zuerst konkretisiert werden, bevor dafür eine solch heikle und teure Infrastruktur geschaffen werde.
Bisher habe das Departement des Innern zudem stets erklärt, die universelle PIN sei für die Statistik nötig. Es sei stossend, dass nun das BFS erstmals zugebe, nicht auf die PIN angewiesen zu sein, dieser aber trotzdem eingeführt werde.
(sda)