Initiative für Todesstrafe zurückgezogen

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VolksinitiativeInitiative für Todesstrafe zurückgezogen

Nur einen Tag nach der Lancierung der Initiative zur Wiedereinführung der Todesstrafe haben die Initianten ihr Begehren wieder zurückgezogen. Sie wollten offenbar nur Aufmerksamkeit erregen.

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mlu/mdr
Keine Todesstrafe in der Schweiz

Keine Todesstrafe in der Schweiz

In der Schweiz wird es keine Volksinitiative für die Wiedereinführung der Todesstrafe geben. Wie die Initianten rund um Marcel Graf auf ihrer Website mitteilten, werden sie die Initiative zurückziehen. Zu den Gründen des Rückzugs wollen sich die Initianten nicht äussern. Offenbar ging es hauptsächlich darum, Aufmerksamkeit zu erregen. Mitinitiantin Ursula Graf bestätigte den Rückzug auf Anfrage von 20 Minuten Online, wollte aber keinen weiteren Kommentar abgeben.

Die Initianten kritisieren im Internet aber die Schweizer Rechtsordnung. Der Rechtsstaat stehe auf der Seite der Täter, der Untersuchungsbericht werde rund um die Aussagen des Täters gemacht und die Hinterbliebenen seien im Prozess nur als Zuschauer dabei, so die Kritikpunkte. Weiter fordern die Initianten die Politiker auf, etwas zu tun. Dieser Ausdruck der persönlichen Frustration verdeutlicht, dass hinter dem zurückgezogenen Volksbegehren keine politische Gruppierung steht. Die Mitglieder der Initiativkomitees stammen laut ihren eigenen Angaben aus dem Umfeld eines Opfers.

Initiative als einziges Mittel

Die Initianten schreiben denn auch auf ihrer Website: «Unbegründet zieht sich das Verfahren in unserem Fall seit eineinhalb Jahren hin, bis jetzt ohne Ergebnis.» Die Initiative sei das einzige gewesen, was sie rechtlich hätten tun können, um sich Gehör zu verschaffen: «Unser Hauptziel war die Bevölkerung auf die Missstände aufmerksam zu machen.» Dass offenbar persönliche Frustration und Rachegefühle den Ausschlag für die Lancierung der Initiative gegeben haben, zeigt auch eine Nachricht an den namentlich nicht genannten Täter, die die Initianten auf der Website platziert haben. Anfangs war dort ein vulgäres «F**k you» zu lesen. Im Laufe des Vormittags entfernten die Initianten anfangs die Nachricht und ersetzten sie später durch «We'll be back...», wobei unklar bleibt, was das bedeuten soll.

Diese Angaben dürften sich auf den Fall der damals 28-jährigen Sou Ken T. beziehen, die im April 2009 in Kriens getötet wurde. Als Hauptverdächtiger wurde D.A. verhaftet, zu dem Sou Ken T. zumindest zeitweise eine Beziehung gehabt haben soll. Wie a-z.ch schreibt, soll das Opfer mit kambodschanischen Wurzeln die Schwester der Ehefrau von Marcel Graf sein, einem Mitinitianten der Initiative.

Ablehnung bei Politikern

Die Initiative forderte die Todesstrafe für Personen, die «in Kombination mit einer sexuellen Handlung mit einem Kind, sexueller Nötigung oder Vergewaltigung eine vorsätzliche Tötung oder einen Mord begehen». Die Lancierung der Initiative wurde letzte Woche bekannt. Am Dienstag wurde die Initiative im Bundesblatt veröffentlicht, die Sammelfrist hatte begonnen. Die Bundeskanzlei hat bei der Vorprüfung der Initiative keine formalen Hindernisse identifiziert. Die Ankündigung der Initiative war letzte Woche auf breite Ablehnung gestossen. Die meisten Politiker kritisierten das Begehren.

Weltweites Aufsehen

Ihr Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen, haben die Initianten in kürzester Zeit erreicht. Das Thema warf seit Bekanntwerden der Initiative Ende letzter Woche nicht nur in der Schweiz und in Europa hohe Wellen - es beschäftigte auch die internationale Presse von den USA über die Arabischen Emirate bis nach Angola.

Die Wiener Zeitung «Der Standard» schrieb am Mittwoch: Wenn die Initiative für zulässig erklärt würde, stünde die Schweiz «mehr als in der Minarett-Debatte am Pranger». (sda)

Kein Rückzug nötig

Die Bundeskanzlei ist von den Initianten nicht über den Rückzug informiert worden, wie Hansruedi Moser zu 20 Minuten Online sagt. Dafür besteht aber auch keine rechtliche Notwendigkeit. Ohne Meldung werde die Bundeskanzlei nach Ablauf der Sammelfrist von 18 Monaten am 24. Februar 2012 feststellen, dass die Initiative nicht zustandegekommen ist, und eine entsprechende Notiz im Bundesblatt publizieren. Wenn die Initianten den Rückzug früher melden, erscheint laut Moser ebenfalls eine entsprechende Notiz im Bundesblatt.

Der Rückzug einen Tag nach der Publikation im Bundesblatt ist ein seltenes Kuriosum. In der Bundeskanzlei könne sich niemand daran erinnern, dass es in der Vergangenheit schon einmal zu einem so raschen Rückzug einer Initiative gekommen sei, sagt Moser. (mdr)

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