Fall Gaddafi: «Moderne Sklaverei»

Aktualisiert

Haftentlassung beantragtFall Gaddafi: «Moderne Sklaverei»

Weil er angeblich seine Hausangestellten wie Sklaven behandelt hat, wurde der Sohn des libyschen Staatsoberhaupts und dessen schwangere Ehefrau in Genf verhaftet. Sie wurden mittlerweile auf freien Fuss gesetzt - nach Zahlung einer Kaution über eine halbe Million Franken.

Hannibal Gaddafi, Sohn des libyschen Staatschefs, und seine Ehefrau sind am Donnerstag in Genf nach zwei Nächten gegen Kaution aus der Polizeihaft entlassen worden. Sie sind wegen einfacher Körperverletzung, Drohung sowie Nötigung zweier Hausangestellten angeklagt.

Die beiden Opfer, eine Tunesierin und ein Marokkaner, sind Hausangestellte des Ehepaars. Beide würden zwar Verletzungen aufweisen, die sie mit einem Arztzeugnis belegen können, sagte Gaddafis Anwalt, Robert Assaël, nach der zweistündigen Anhörung vor dem Genfer Untersuchungsrichter vom Donnerstagmittag.

Das Ehepaar Gaddafi habe jedoch bestritten, diese verursacht zu haben, sagte Assaël weiter. Das von Assaël am selben Tag eingereichte Haftentlassungsgesuch wurde nur wenige Stunden später gut geheissen.

Für Bilal Gaddafi, genannt Hannibal, wurde eine Kaution in der Höhe von 200 000 Franken hinterlegt, für seine Ehefrau gar 300 000 Franken, da sie mit schwereren Vorwürfen belastet werde, sagte Paul Gully-Hart, ein weiterer Anwalt Gaddafis, gegenüber der SDA. Das Ehepaar befindet sich seither wieder auf freiem Fuss.

Hotelpersonal alarmierte Polizei

Die Eheleute Gaddafi waren am Dienstag im Genfer 5-Sterne-Hotel «Président Wilson» festgenommen worden. Angestellte des Genfer hätten die Polizei informiert, sagte François Membrez, Anwalt der beiden Opfer.

Die Tunesierin sei übersät mit blauen Flecken, sagte Membrez weiter. Sie arbeite seit einem Monat für das Ehepaar Gaddafi. Der Marokkaner steht schon seit fünf Jahren im Dienste der Gaddafis. Er weist laut Membrez ältere Spuren von Schlägen auf, welche er wahrscheinlich in Libyen erhalten habe.

Laut Assaël hat der Marokkaner ein Asylgesuch eingereicht. Die Anzeige, welche er am Montagmorgen nach einer ärtzlichen Untersuchung eingereicht habe, sei nur «ein Ränkespiel zur Erlangung von Asyl» gewesen.

«Moderne Sklaverei»

Dies seien «unverschämte Worte», sagte Anne-Marie von Arx- Vernon. Sie spricht in diesem Fall von «moderner Sklaverei». Die Genfer CVP-Grossrätin und Mitglied einer Vereinigung zur Bekämpfung von Menschenhandel hat die beiden Hausangestellten getroffen.

Die Tunesierin und der Marokkaner seien in einem Zimmer des «Président Wilson» eingesperrt worden. «Gaddafi wird jemanden finden, der uns tötet» sei das erste gewesen, was die beiden Opfer beim Treffen zu ihr gesagt hätten.

Neben dem Ehepaar wurden am Dienstag auch zwei von Hannibals Leibwächtern festgenommen. Ihnen werden Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte vorgeworfen.

EDA erinnert an Gewaltenteilung

Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) kommentierte die Geschichte unter Verweis auf die Gewaltenteilung nicht.

Das Aussenministerium werde von den Genfer Strafverfolgungsbehörden auf dem Laufenden gehalten, erklärte EDA- Sprecher Jean-Philippe Jeannerat. Auf diplomatischer Ebene habe die Schweiz gegenüber den libyschen Behörden die gewünschten Erklärungen zum Schweizer Recht abgegeben.

Hannibal Gaddafi hatte bereits 2005 Schlagzeilen gemacht, als er in Paris wegen mutmasslicher Misshandlung seiner Begleiterin in zwei Luxushotels festgenommen wurde. Zweifelhaften Ruhm erlang er zudem, indem er mit 140 Stundenkilometern die Pariser Champs Elysées entlang raste. (sda)

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