Tausende an verregnetem CSD
Unter dem Motto «Bekenne dich!» haben sich in Zürich tausende Menschen zum Christopher Street Day 2007 getroffen. Mit ihnen feierte auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit - Vorbild in Sachen Coming-Out.
Noch während des Wahlkampfes zum Stadtoberhaupt der deutschen Hauptstadt hatte sich Wowereit zu seiner Homosexualität bekannt. Der Berliner war dann auch der Grund, weshalb am Samstag trotz des nasskalten Wetters bereits rund 2000 Menschen zum politischen Teil des Tages auf den Helvetiaplatz strömten, ein neuer Rekord.
Später, beim traditionellen Umzug durch die Innenstadt, wuchs die Zahl der Feiernden gar auf gut 12 000 Leute, wie die Organisatoren mitteilten - so viele wie nie zuvor an einem Christopher Street Day.
Berlins Bürgermeister richtete sich auf dem Helvetiaplatz an die Festgemeinde. «Es ist noch nicht erreicht, auch heute noch gibt es gegenüber Homosexuellen Intoleranz und Ausgrenzung», sagte Wowereit- und ernete immer wieder frenetischen Applaus. Die Gesellschaft müsse sich verändern, damit es einfacher werde, sich zu bekennen.
Rückfall ins zwinglianische Zürich
Der Zürcher Gemeinderatspräsident Christoph Hug nahm in seiner Rede Bezug auf den Konflikt zwischen den Schwulen und der Polizei in der Stadt Zürich. Diese führte mehrere Razzien in Schwulenclubs durch. Unter Anwendung des Gastgewerbegesetzes will sie zudem so genannte Darkrooms verbieten.
«Hier scheint ein Rückfall ins zwinglianische Zürich stattgefunden zu haben», sagte Hug. Das zentrale Grundrecht, dass alle Erwachsenen ihr Sexualleben so leben, wie es ihrem erwachsenen Partner und ihnen passt, sei eine grosse Errungenschaft. Er rief die Zürcher Polizeivorsteherin auf, über die Bücher zu gehen.
«Die Behörden geht es nichts an, wie Sie und ich unsere Sexualität leben.» Der Verweis auf das Gastgewerbegesetz bezeichnete Hug als «fadenscheinig». Ausserdem sei dieses seit neun Jahren in Kraft. «Was neun Jahre problemlos möglich war, kann nicht auf einmal verboten sein», so Hug weiter.
Homosexualität und Christentum gehen zusammen
Heidi Zingg Knöpfli, Co-Präsidentin der Evangelischen Frauen Schweiz, bekannte sich in ihrer Rede: «Ja, ich bin evangelisch, kirchlich engagiert und gleichzeitig bejahe ich voll und ganz, Homosexuelle sind völlig gleichwertige Menschen.» Outet euch, ich bitte euch, rief sie der Menge auf dem Helvetiaplatz zu.
Zingg Knöpfli sprach aber auch Ängste an, etwa die Ängste der Homosexuellen vor dem Outing. Auch sie habe sich überlegt, was ihr Auftritt am CSD für negative Folgen für ihre Organisation haben könnte. «Aber trotz der Ängste stehen wir da, mit geradem Rücken, ihr bekennt euch, und ich, ich rede.»
Der Leiter der Sektion Aids beim Bundesamt für Gesundheit, Roger Staub, rief die Männer auf dem Helvetiaplatz auf, sich besser zu schützen. In den vergangenen drei Jahren habe sich die Anzahl Neuansteckungen mit Aids bei den schwulen Männern auf 300 Fälle verdoppelt. «Diese neue Epidemie ist keine Privatsache», sagte er.
Nachtleben zu Grabe getragen
Nach der Kundgebung brach die Menschenmenge bei anhaltendem Nieselregen auf zum Umzug mit 13 Themenwagen. Eine Gruppe Schwuler zog einen Wagen mit einem Sarg darauf und trug symbolisch das schwule Zürcher Nachtleben zu Grabe. Auf Transparenten wurde Polizeidirektorin Esther Maurer scharf kritisiert.
Auf dem Turbinenplatz in Zürich-West stieg nach dem Umzug bis tief in die Nacht hinein eine grosse Party. (sda)