Minarett-Initiative«Primitive Traditionen sind schuld»
Fatima W.* (30), Muslimin und Mitglied des Forums für einen liberalen Islam, erklärt, weshalb sie Verständnis für das Resultat der Minarett-Initiative hat.
Besonders viele Junge haben bei der Abstimmung ein Ja in die Urne gelegt. Grund: negative Erfahrungen mit Jugendlichen aus dem Balkan. Verstehen Sie diesen Entscheid?
Ja, ich kann den Entscheid gut nachvollziehen. Viele Jugendliche aus dem Balkan machen tatsächlich Probleme, oft sind sie aggressiv, im Ausgang etwa. Grund dafür ist aber nicht ihr islamischer Glaube, sondern die Tatsache, dass sie zwischen zwei Kulturen stehen.
Was bedeutet das konkret?
Sie werden von ihren Eltern so erzogen, wie diese selber vor 40 Jahren im Balkan erzogen wurden. Diese vermitteln teilweise sehr primitive Traditionen, wie etwa einer jungen Frau den Ehemann aufzwingen zu wollen. Die Jugendlichen werden zu Sachen gezwungen, die sie eigentlich gar nicht wollen, das macht sie aggressiv. Auch vermitteln ihnen ihre Eltern ein Gastarbeitersyndrom: Die Kinder sollen sich von der Schweizer Kultur distanzieren, da sie sowieso nur eine begrenzte Zeit hier seien.
Was kann getan werden, damit sich das Verhalten der Jugendlichen ändert?
Die Jugendlichen, die hier geboren und aufgewachsen sind, sollten die Schweiz als ihre Heimat akzeptieren. Und sie müssen lernen, dass sie für ihr Wohlergehen selber verantwortlich sind. Natürlich müssen sie dazu eine emotionale Distanz zu ihren Eltern schaffen. Eine Abschaffung der Doppelbürgerschaft könnte helfen, dieses Identifikationsproblem zu überwinden. Gleichzeitig sollen die Eltern aber auch verstärkt angegangen werden, denn sie sind die Schlüssel zur Integration – man muss ihnen die Konsequenzen ihrer Ablehnung der Schweizer Kultur klarmachen.
* Fatima W. möchte anonym bleiben, da sie Angst vor negativen Reaktionen aus ihrem Umfeld hat.
Viele Junge stimmten Ja
«Studien haben gezeigt, dass die 18- bis 29-Jährigen in den letzten Jahren konservativer geworden sind», so Politologe Lukas Golder gegenüber Blick.ch. Beobachter gehen daher davon aus, dass viele Junge für das Minarett-Verbot gestimmt haben. Dies ist auch den Jungpolitikern nicht entgangen: «Es gibt unter den Jungen gerade unter den Frauen ein grosses Unbehagen gegenüber den patriarchalen Strukturen in einigen Immigrantengruppen», sagt Juso-Chef Cédric Wermuth. Lukas Reimann (SVP) erklärt die Skepsis mit negativen Erfahrungen, die viele Junge gemacht hätten.