Das Wallis jagt den «Beobachter»-Autor

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Nicht lustigDas Wallis jagt den «Beobachter»-Autor

Eine satirisch gemeinte Kolumne im «Beobachter» sorgt für Empörung im Wallis. Statt Lachern erntete der Autor Beschimpfungen, böse Briefe und eine Facebook-Hassgruppe.

von
Amir Mustedanagic

Ferien im Wallis oder im Tessin wird Mario Güdel wohl nicht so schnell machen können. Die Gefahr, dass der «Beobachter»-Journalist einem Mitglied der Facebook-Gruppe «Mario-Güdel-läbt-gferli-und-versteits-nid» oder dem Chefredaktor des «Walliser Boten» über den Weg läuft, ist zu gross. Da nützen alle Entschuldigungsschreiben und Beteuerungen des «Beobachter»-Chefredaktors nichts. Vor allem das Wallis ist in Aufruhr. Was ist passiert?

Unter dem Titel «Zeit für einen Tabubruch» forderte Mario Güdel in einer satirischen Beobachter-Kolumne angesichts der momentan schwierigen wirtschaftlichen Zeiten das Tessin als «Sonnenstube der Schweiz» mit «Siesta-Mentalität» und das «strukturschwache» und «subventionierte» Wallis als unrentable Regionen «abzustossen».

«Eine Art Klugscheisser mit Durchfall»

Seither wird der «Beobachter» mit Beschwerde-Mails bombardiert. Die besagte Facebook-Gruppe wird gegründet. Innerhalb von 24 Stunden treten über 1250 wütende Walliser bei. Das als Entschuldigung gedachte Mail wird von den Adressaten als Standardantwort empfunden und erzürnt die Gemüter noch mehr. Zahlreiche Beschwerdebriefe erreichen den Autor direkt. Der «Walliser Bote» (WB) macht den Fall zur Chefsache. Der Chefredaktor höchstpersönlich antwortet in einer Glosse unter dem Titel «Mario Güdel der Chrütgagger»:

«Mario Güdel hat im «Beobachter» geschrieben, dass die Schweiz das Wallis und den Kanton Tessin als hoffnungslos abstossen sollte. Er hat sich ein Spässchen erlaubt.

Zum Spass nun auch: Dieser Mario Güsel, pardon, dieser Mario Grüsel, Verzeihung, dieser Mario Güdel hat ein Problem – ein gravierendes, ein völlig lösungsresistentes: Er ist eine Art Klugscheisser mit Durchfall. Ein hoffnungsloser Fall. Denn Dummheit ist nicht heilbar ...»

«Gut, dass man Güdel das Maul gestopft hat»

Der Autor selbst hat sich inzwischen rar gemacht. Er antwortet weder auf Mails noch auf Anrufe. Andres Büchi, Chefredaktor des Beobachters handelt. Er schreibt eine öffentliche Entschuldigung an die Walliser. Zudem entschuldigt er sich über das Oberwalliser Radio bei allen erbosten Wallisern. Büchi gegenüber 20 Minuten Online: «Für mich ist die Sache damit erledigt.»

Auch beim Walliser Boten ist ein leichtes Einlenken zu spüren. Am Donnerstag veröffentlichte die Zeitung das Entschuldigungsschreiben des «Beobachters». Nicht aber ohne die Kolumne Güdels mitzupublizieren und darauf hinzuweisen, dass man «Herrn Güdel» mit der Glosse nichts schuldig geblieben sei. Das Echo sei ausserdem überwältigend gewesen und der Grundtenor laute: «Gut, dass man diesem Herrn Mario Güdel das Maul gestopft hat», wie der WB selbst schreibt. Es scheint aber, dass sich die Wogen im Wallis langsam glätten. Der «Walliser Bote» schreibt zur Abreibung, die das Wallis Güdel verpasst hat: «Wir meinen: Das war schon einmal recht viel Fett, und das genügt auch.»

Und was ist mit der Facebook-Gruppe? Die verzeichnet inzwischen 1400 Mitglieder. Der nächste Wallis-Urlaub für Güdel ist noch nicht abzusehen.

Lesen Sie hier die Schlusspunkt-Kolumne von Mario Güdel:«Zeit für einen Tabubruch»

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