So wurde Hannibal Gaddafi verhaftet

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Details aus GenfSo wurde Hannibal Gaddafi verhaftet

Der Genfer Regierungsrat François Longchamp hat erstmals Auskunft zur Verhaftung des Despoten-Sohnes Hannibal Gaddafi 2008 gegeben. Demnach habe das EDA von der Aktion gewusst.

Nach dem Sturz des Regimes in Libyen kommt langsam Licht in die Affäre Gaddafi. In einem Interview mit der Genfer Tageszeitung «Tribune de Genève» (Donnerstagausgabe) gibt der Genfer Regierungsrat François Longchamp erstmals Details über die Verhaftung Hannibals bekannt. Am Tag zuvor sei Laurent Moutinot, Regierungspräsident im Jahr 2008, von seinem Sekretär informiert worden, dass zwei Hausangestellte von Hannibal Gaddafi Klage gegen ihren Arbeitgeber eingereicht hätten.

Moutinot habe auf Bitte der Polizei hin bei der Schweizer UNO-Mission schriftlich den diplomatischen Status von Hannibal nachgefragt. Laut Longchamp bekam er vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) per Mail eine Antwort mit dem Hinweis, dass das Ehepaar Gaddafi keine diplomatische Immunität geniesse.

Im Hinblick auf die möglichen politischen Auswirkungen einer Verhaftung habe das EDA die Genfer Polizei gebeten, bei diesem Einsatz mit äusserster Vorsicht vorzugehen, sagte Longchamp weiter. «Dieses Dokument beweist, dass wir mit dem Einverständnis von Bern gehandelt haben.»

Am Einsatztag, am 15. Juli 2008, hätten vor dem Einsatz vier Polizisten in Zivil mit einem libyschen UNO-Repräsentanten verhandelt. Es sei darum gegangen, das Ehepaar Gaddafi dazu zu bewegen, freiwillig auf dem Polizeiposten zu erscheinen.

Demütigung Hannibals vermieden

Laut Longchamp hat Gaddafi jedoch den ausgehandelten Vorschlag abgelehnt. Erst daraufhin sei die Polizei gegen Gaddafi vorgegangen. Man habe aber alles gemacht, um eine Demütigung Hannibals zu verhindern. So habe ihn die Polizei etwa durch die Hintertüre des Hotels zu einem Auto mit verdunkelten Scheiben gebracht.

Das Aufgebot von 20 Polizeibeamten sei gerechtfertigt gewesen, sagte Longchamp und verweist auf den Bericht von Lucius Caflisch, ehemaliger Schweizer Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Man dürfe schliesslich auch nicht vergessen, dass Gaddafi früher schon gewalttätig gewesen sei - etwa in Paris 2005, wo er auch bewaffnet war.

Laut Longchamp waren es Hannibals Bodyguards, die den Eindruck erwecken wollten, die Polizei sei bei der Verhaftung mit Gewalt vorgegangen. Die zerstörte Türe des Hotelzimmers sei erst später im Innern des Zimmers vorgefunden worden.

Libyen und Bern wollten Polizisten bestraft sehen

Als sich die Krise zwischen Libyen und der Schweiz zuspitzte, hat Bundesrätin Micheline Calmy-Rey Genf dann aufgefordert, Sanktionen gegen die an der Verhaftung von Hannibal beteiligten Polizisten zu ergreifen, um so die beiden Geiseln freizubekommen, sagte Longchamp im Interview weiter. Genf lehnte ab. «Wir wollten keine Polizisten bestrafen, die ihre Arbeit vorbildlich gemacht haben.»

Laut Longchamp hatte die Aussenministerin am 19. Mai 2010 angerufen. Sie sei damals mit den Libyern in Kontakt gewesen und habe durchblicken lassen, dass diese bereit seien, «die beiden Geiseln frei zu lassen, wenn man die Polizisten bestrafen würde».

Sie habe sofort eine Antwort haben wollen, sagte Longchamp, der damals als Regierungspräsident amtete. Er habe ihr gesagt, er werde die Regierung darüber informieren; er könne ihr aber bereits jetzt sagen, dass man dies nicht befürworten werde.

EDA will nach vorne schauen

Zur Frage, ob Bundesrätin Calmy-Rey Genf dazu aufgefordert habe, die an der Verhaftung Gaddafis beteiligten Polizisten zu bestrafen, nahm das EDA keine Stellung. EDA-Sprecher Adrian Sollberger lobte lediglich die gelungene Rückführung der beiden Schweizer Geiseln, die auch dank der Zusammenarbeit mit Genf möglich gewesen sei.

Überdies liess Sollberger verlauten: «Das EDA schaut nun in die Zukunft und arbeitet an der Verstärkung der Beziehungen zu Libyen, welches in seiner Transition zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterstützt werden soll.»

Die Verhaftung von Hannibal Gaddafi und seiner Ehefrau Aline im Juli 2008 in Genf hatte eine diplomatische Krise zwischen Bern und Tripolis ausgelöst. Darauf hin wurden zwei Schweizer Geschäftsleute in Libyen festgehalten und später verurteilt. Ihnen waren Visaübertretungen vorgeworfen worden. (sda)

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