Gentech-Weizen neben Bio-Feldern

Aktualisiert

Gentech-Weizen neben Bio-Feldern

Das Bundesamt für Umwelt gibt der ETH und Universität Zürich grünes Licht für die Freisetzungsversuche von Gentech-Weizen. Die Biobauern in unmittelbarer Nachbarschaft der Versuchsfelder sind beunruhigt.

«Glücklich sind wir nicht über diesen Entscheid», gibt Sonja Küchler offen zu. Gemeinsam mit ihrem Mann Josef bewirtschaftet sie seit 1998 den Riedenholzhof, einen Bio-Bauernhof der Stadt Zürich. In unmittelbarer Nachbarschaft ihres Hofes, auf dem Gelände der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, sollen nun Feldversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen stattfinden.

Vor allem die Zukunft des betriebseigenen Hoflädelis macht ihr Sorgen: «Wir verkaufen unsere Bio-Produkte direkt ab Hof. Ich weiss nicht, wie die Konsumenten reagieren werden, wenn in unserer Nachbarschaft gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden.» Auch Josef Küchler ist über die aktuelle Entwicklung nicht begeistert. Massnahmen, um die Erträge des Riedenholzhofs vor allfälligen Einflüssen des Freisetzungsversuches zu schützen, wird er trotzdem keine ergreifen, denn «es ist illusorisch zu glauben, dass man baulich etwas gegen die Verbreitung der gentechnisch veränderten Pflanzen tun kann.»

Einsprachen nur in Pully möglich

Die Küchlers müssen den Entscheid des BAFUs zähneknirschend hinnehmen. Einspracheberechtigt vor Bundesverwaltungsgericht ist nur, wer innerhalb eines Perimeters von 1000 Metern um die Versuchsfelder wohnt. Von den zwei Einsprechenden in Zürich wohnt niemand in diesem Umkreis, in Pully, wo ebenfalls Freisetzungsversuche stattfinden sollen, sind es 11 von 27. Die Küchlers wollen jedoch «keinen Krach» mit den Nachbarn. «Wir wurden von der Forschungsanstalt bereits sehr früh über die geplanten Versuche informiert und stets über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten.»

Heftige Kritik der Umweltorganisationen

Geradezu empört reagierten verschiedene Umweltorganisationen auf den Entscheid des BAFU. Sie kritisieren, dass wichtige Biosicherheitsaspekte direkt im Freiland untersucht und nicht vorab im Gewächshaus abgeklärt werden, wie es das Gentechnikgesetz GTG vorschreibt. Greenpeace will in den kommenden Wochen genau prüfen, wie mit diesen «unnötigen und riskanten Versuchen» umzugehen sei, heisst es in einem Communiqué. Bio Suisse fordert unter anderem, dass die Haftung bei Verunreinigungen durch Gentech-Material geklärt werden müsse.

Georg Karlaganis, zuständiger Abteilungsleiter beim BAFU, gibt zu, dass noch nicht alle Aspekte des Projekts bekannt sind. Die Auflagen für die Freisetzungsversuche seien entsprechend streng. ETH-Professor Wilhelm Gruissem, Sprecher des Projekts, gibt seinerseits zu bedenken, dass den geplanten Freisetzungsversuchen jahrelange Versuche im Gewächshaus vorangegangen seien. Weitere sinnvolle Daten zur Biosicherheit seien auf diese Weise nicht mehr zu gewinnen.

Der Schweizerische Bauernverband befürwortet die Erforschung der Biosicherheit unter reellen Bedingungen, wie Sprecherin Sandra Helfenstein mitteilte. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Bauern gentechnisch veränderte Organismen produzieren wollten.

Start der Versuche im 2008

Die Freisetzungsversuche sollen von 2008 bis 2010 durchgeführt werden. Bei den zwei Gesuchen der Universität Zürich geht es um die Untersuchung von Weizenpflanzen mit erhöhter spezifischer Resistenz gegen die Pilzkrankheit Mehltau sowie um Kreuzungen von Weizen mit einem Wildgras, dem Zylindrischen Walch. Beim Gesuch der ETH Zürich sollen Weizenpflanzen mit erhöhter Pilzresistenz versuchsweise angebaut werden. Diese Freilandversuche werden von der Forschungsanstalt ART und der Forschungsanstalt Changins-Wädenswil (ACW) am Centre viticole du Caudoz in Pully durchgeführt.

Tina Fassbind, 20minuten.ch

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