Reaktionen zu Couchepin in China«Nicht sagen ist falsch»
Bundespräsident Couchepin will China in Sachen Menschenrechte nicht auf die Anklagebank setzen. Das stösst bei Parlamentariern aller Couleur auf Unverständnis. Sein Besuch in Peking sei eine gute Gelegenheit für Kritik.
Bundespräsident Pascal Couchepin sorgt für Kopfschütteln: Kurz bevor er die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking besucht, hat er sich zu den Menschenrechten in China geäussert: «Wir dürfen China nicht auf die Anklagebank setzen.»
«Solche Aussagen sind unnötig und kontraproduktiv», sagt SP-Nationalrat Mario Fehr (ZH). «Ich weiss nicht, warum Couchepin vor den Chinesen kuscht.» In einer freien Welt muss man die Chinesen kritisieren dürfen.
«Nichts sagen ist falsch»
Für SVP-Ständerat Maximilian Reimann wäre es ebenfalls die Aufgabe Couchepins, China an die Menschenrechte zu erinnern. Schliesslich sitze China im Sicherheitsrat der Uno, ohne deren Standards in Sachen Menschenrechte zu erfüllen. Zwar müsse man abgewogene Worte finden, sagt Reimann: «Aber nichts sagen, ist falsch.»
Dass Couchepin die Eröffnungsfeier in Peking besucht, findet Reimann eine gute Gelegenheit für Kritik. Für Fehr hingegen hat der Bundespräsident mit seiner Teilnahme verpasst, ein Zeichen zu setzen. Im Unterschied zu Staatschefs anderer europäischer Länder, die durch ihre Abwesenheit Kritik an China ausdrücken.
Uneinig über Fortschritte
Unterstützung bekommt Couchepin von linker Seite. Geri Müller, Grüner Nationalrat (AG) und Präsident der Aussenpolitischen Kommission, findet es falsch, China nun auf die Anklagebank zu setzen: «Es ist scheinheilig, China während den Olympischen Spielen anzugreifen. Wir nutzen jeden Tag chinesische Produkte und profitieren davon wirtschaftlich.»
Zudem gebe es in gewissen Bereichen durchaus Fortschritte in China, sagt Müller. Diese Aussage, die auch Couchepin gemacht hat, kann Fehr nicht verstehen: «Die Situation hat sich nicht verbessert. Das sieht man, wenn man den letzten Länderbericht von Amnesty International liest.» Er kenne keine anerkannte Menschenrechtsorganisation, die dieser Meinung ist. «Ich weiss nicht, woher Couchepin diese Informationen hat», sagt Fehr.
Die Aussagen von Bundespräsident Couchepin
Bundespräsident Pascal Couchepin hat sich in einem Interview mit Swissinfo unter anderem über China geäussert:
«Das Land ist sich seiner Stärke bewusst, auch von seiner Kultur und Tradition her. China wird kaum Lust haben, sich bevormunden zu lassen, und sei dies auch nur symbolisch oder moralisch gemeint.
Ich denke, die Menschenrechts-Situation in China verbessert sich zwar, und dass noch viel zu tun bleibt. Aber wir dürfen China nicht auf die Anklagebank setzen. Das bringt gar nichts, zumindest jenen nicht, die wir schützen möchten.»
Auf die Frage, warum er seine Teilnahme an der Eröffnung der Olympischen Spiele bereits Anfang Jahr bekanntgegeben hat, antwortet er:
«Einfach aus Rechtschaffenheit. Ich habe darauf gesetzt, dass ein Grossteil der Staatsoberhäupter an der Zeremonie teilnehmen wird was im Übrigen auch der Fall ist. So fand ich es korrekt, meine Teilnahme frühzeitig bekannt zu machen.»