Völkermord an Armeniern ist «erwiesene Tatsache»
Für das Waadtländer Kantonsgericht ist der Völkermord an den Armeniern eine erwiesene Tatsache. Dies schreibt das Gericht in der schriftlichen Begründung des Strafurteils gegen den türkischen Nationalisten Dogu Perinçek.
Wegen Leugnung des Völkermords an den Armeniern war dieser in erster Instanz wegen Verletzung der Rassismus-Strafnorm verurteilt worden. Dieses Urteil wurde vom Kantonsgericht im Juni bestätigt. Die Beschwerde des türkischen Politikers sei unfundiert, heisst es in der am Dienstag veröffentlichten schriftlichen Begründung.
Für das Gericht ist der Genozid von 1915 bis 1917 «eine erwiesene Tatsache». Auch habe das Parlament bei der Einführung der Rassismus-Strafnorm nicht nur die Verbrechen der Nationalsozialisten im Sinn gehabt, sondern alle Völkermorde. Jener an den Armeniern sei in der Debatte gar genannt worden.
Keine historische Recherche nötig
Die erste Instanz war denn auch nicht gehalten, aufwendige historische Recherchen zu betrieben, um den Genozid an den Armeniern festzustellen, befand das Kantonsgericht. Auch sieht es die Meinungsäusserungsfreiheit nicht in Gefahr.
Die Rassismus-Strafnorm verbiete weder die historisch Forschung noch eine seriöse politische Debatte. Perinçek habe aber aus rassistischen und nationalistischen Motiven gehandelt, als er den Völkermord an den Armeniern in der Schweiz als «internationale Lüge» bezeichnet habe.
Rekurs angekündigt
Der Verteidiger des türkischen Politikers hatte bereits Rekurs gegen das Urteil angekündigt. Perinçek war zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 100 Franken sowie zu einer Busse von 3000 Franken verurteilt worden. Zudem wurde er dazu verknurrt, der Gesellschaft Schweiz-Armenien einen Schadenersatz von 1000 Franken zu zahlen und 5800 Franken der Gerichtskosten zu übernehmen.
Perinçek hatte im Jahr 2005 in der Schweiz mehrmals den Genozid an den Armeniern im zerfallenden osmanischen Reich als «internationale Lüge» bezeichnet. Er war deshalb in den Kantonen Zürich, Bern und Waadt angezeigt worden.
Die Armenier werfen dem Osmanischen Reich als Vorläufer der Türkei vor, in Anatolien zwischen 1915 und 1917 eineinhalb Millionen Armenier bei Vertreibungen gezielt ermordet zu haben. Aus Sicht Perinçeks und weiter Teile der türkischen Gesellschaft war dies kein Völkermord.
(sda)