Wirbel um OECD-Brief

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RücktrittsforderungenWirbel um OECD-Brief

Micheline Calmy-Rey manövriert sich mit einem Lobesbrief an die OECD ins politische Abseits. Erste Rücktrittsforderungen werden laut.

Désirée Pomper
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Désirée Pomper

Zwei Tage nachdem die Schweiz von den USA beim Bankgeheimnis in die Knie gezwungen worden war, bestärkte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey in einem Brief, der dem «SonntagsBlick» vorliegt, die OECD im Kampf ­gegen das Schweizer Bankgeheimnis. Nur weil ein Botschafter das ­Schreiben abfing, landete es nicht bei OECD-General­sekretär Angel Gurría.

Trotzdem sorgt die Extratour der SP-Bundesrätin gegen das Bankgeheimnis für helle Empörung: «Ein solches Schreiben ist absolut inakzeptabel», sagt CVP-Parteipräsident Christophe Darbellay. Calmy-Rey verhalte sich wie eine kleine Königin, die die OECD zum Tanz auffordere. «Mit dieser Doppelspurigkeit ist sie der Regierung in den Rücken gefallen», so Darbellay weiter. FDP-Parteipräsident Fulvio Pelli kritisiert: «Frau Calmy-Rey hat eindeutig ihre Kompetenz überschritten.» Denn der ­Dialog mit der OECD sei Doris Leuthards Volkswirtschaftsdepartement vorbehalten.

SVP-Präsident Toni Brunner wirft Calmy-Rey gar «Landesverrat» vor und fordert ihren Rücktritt. Das EDA versuchte gestern, den Brief herunterzuspielen: Es habe sich um ein Routine-Antwortschreiben gehandelt. Dass ein Satz in diesem Brief problematisch war, sei sowohl Frau Calmy-Rey wie auch der zuständigen Stelle entgangen.

«Das beste Beispiel»

Während der Bundesrat noch um das Bankgeheimnis kämpft, schlägt Aussenminis­terin Calmy-Rey offenbar ganz andere Wege ein. In einem offiziellen Schreiben vom 20. Februar lobte sie den OECD-General­sekretär Angel Gurría für seine Arbeiten zuhanden des G-20-Gipfels: Diese seien «das beste Beispiel für die wichtige Arbeit der Organisation», schrieb Calmy-Rey. Die gelobten Arbeiten beinhalteten unter anderem ­jenes Arbeitspapier zuhanden der G-20, welches die Schweiz für ihr «übertriebenes Bank­geheimnis» kritisiert.

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