Ulrich Giezendanner«Opposition hat sich nicht bewährt»
Christoph Blocher hat seine Partei in ihre grösste Zerreissprobe gestürzt: Vor der entscheidenden Sitzung der Fraktion herrscht Chaos. Blocherianer und Reformisten greifen zum verbalen Zweihänder.
Er hätte es seiner Partei leicht machen können: Mit einer klaren Distanzierung von einer Bundesratskandidatur wäre der SVP das Hickhack erspart geblieben. Doch der 68-Jährige signalisierte seine Bereitschaft für den Einzug in die Landesregierung. Er treibt damit seine engsten Anhänger in ein verbissenes Rückzugsgefecht mit jenen SVP-Parlamentariern, die ohne den Übervater Christoph Blocher in den Kampf um den freien Sitz steigen wollen.
Für den Aargauer Nationalrat Ulrich Giezendanner ist klar: «Christoph Blocher würde schlicht nicht gewählt.» Seine Kandidatur würde daher weitere Jahre Opposition bedeuten. Dies habe sich – «das sage ich ehrlich» – politisch nicht bewährt. Er machte sich für einen anderen Kandidaten stark, «etwa Caspar Baader, Jean-François Rime oder Adrian Amstutz. Das sind alles gute Leute.» Doch der Freiburger Nationalrat Jean-François Rime schliesst eine eigene Kandidatur für den 10. Dezember aus. Auch in Amstutz sieht dieser nicht den idealen VBS-Chef. «Meine Favoriten sind Bruno Zuppiger und Ueli Maurer», so Rime.
Nationalrat Toni Bortoluzzi (ZH) hat für seine Fraktionskollegen, die gegen die Kandidatur Blochers sind, eindeutige Worte: «Viele davon sind politische Schwächlinge, die nichts geleistet haben und sich dem öffentlichen Druck beugen.» Blocher sei für das Amt schlicht der Beste, daran gebe es nichts zu rütteln.
Web-Umfrage: Blocher vorne Mehrmals hatte sich die SVP in der Vergangenheit für eine direkte Wahl des Bundesrats ausgesprochen. Wäre dies Realität, würde bei einer Volksabstimmung womöglich Alt-Bundesrat Christoph Blocher (68) Samuel Schmids Nachfolge antreten: In einer Umfrage von 20 Minuten Online führt Blocher deutlich vor seinen Parteikollegen.
Der wegen seines Verwaltungsratsmandats bei der UBS von Blocher heftig kritisierte Thurgauer Peter Spuhler (49) folgt auf Platz zwei. Ebenfalls beliebt bei den Usern ist auf Platz drei der Berner Nationalrat Adrian Amstutz (54). Stimmenmässig weit zurückgefallen erscheint der Sicherheitskommissions-Präsident Bruno Zuppiger (56) auf dem vierten Platz.
Die einzige Frau in der Liste, die Zürcherin Rita Fuhrer, (55) liegt nur im Mittelfeld. Weit abgeschlagen sind hingegen zwei andere Linientreue: Fraktionschef Caspar Baader (54) und Ueli Maurer (57). Das Schlusslicht der Umfrage bildet der Schwyzer Auns-Präsident Pirmin Schwander (47).
(raf/dra)
Wahlverfahren noch offen
Bis am 25. November haben die SVP-Kantonalsektionen Zeit, Vorschläge für die Nachfolge von Samuel Schmid einzureichen. Anschliessend wird der Fraktionsvorstand die eingegangenen Empfehlungen prüfen. Am 27. November findet dann eine Fraktionssitzung statt, an der über die Kandidatur entschieden werden soll. Laut Parteisprecher Alain Hauert ist noch offen, nach welchem Prozedere ein oder mehrere Kandidaten gewählt werden sollen. Bei der letzten Abstimmung vor sechs Wochen, als sich die Fraktion gegen eine Festlegung auf Christoph Blocher entschied, hatte eine offene Wahl per Handaufheben stattgefunden.