Drogen-Idee der SP scharf kritisiert
Cannabis, Kokain, Heroin: Alles legal, wenn es nach der SP geht. In einem Grundlagenpapier fordert die Linke, dass der Konsum aller Drogen für Erwachsene straffrei wird. Die Reaktionen blieben nicht aus.
Die SP peilt in ihrer Drogenpolitik mittelfristig den straflosen Konsum aller Substanzen für Erwachsene an, bis hin zum Kokain und Heroin. Fraktionspräsidentin Ursula Wyss betonte, dass Erwerb und Handel illegaler Drogen weiterhin strafbar bleiben sollen und der Jugendschutz verstärkt werden solle. So ist etwa ein Verbot von Zigarettenautomaten vorgesehen.
Im Vorfeld der nächste Woche im Nationalrat zu behandelnden Teilrevision des Betäubungsmittelgesetzes stellte die SP-Fraktion ihr suchtpolitisches Grundlagenpapier «Zwischen Bevormundung und Laisser-faire» vor. Es basiert auf dem Vier-Säulen-Konzept. Ziel sei eine kohärente und nüchterne Suchtpolitik, die weder gleichgültig noch bevormundend sein soll. Mit dem integralen Ansatz will die SP einen Beitrag zur Versachlichung leisten. Den bürgerlichen Parteien warf Wyss eine inkonsequente Haltung in der Suchtpolitik vor.
Auf mittlere Sicht prüft die Partei nun die Schaffung eines Verfassungsartikels, der den Weg zu einer «substanzunabhängigen Suchtpolitik» öffnet. Darin sollen die Stärkung des Jugendschutzes und die Prävention auf der einen und der «straffreie Konsum für alle Substanzen für erwachsene Menschen» auf der anderen Seite verankert werden.
«Wenn sich jemand zu Tode hungert oder umbringt, wird dies nicht verfolgt. So soll es auch bei den Suchtmitteln sein», argumentiert die SP. Die Selbstschädigung soll also entkriminalisiert werden, nicht aber die Fremdschädigung. Die Partei betont, dass es keineswegs um die Freigabe von illegalen Drogen gehe. Erwerb und Handel sollen weiterhin strafbar bleiben, wenn das Mittel nicht legal auf dem Markt zu haben sei.
Kurzfristig unterstützt die SP aber erst einmal die Teilrevision des Betäubungsmittelgesetzes und die Hanf-Initiative. Das Positionspapier schlägt eine Lösung der Cannabis-Problematik vor, die auf Selbstverantwortung statt Kriminalität setzt, Rechtssicherheit schafft und den Jugendschutz stärkt.
Präventivmediziner und Nationalrat Felix Gutzwiller (FDP/ZH) äusserte sich in der Mittagsausgabe der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens kritisch zum SP-Vorschlag. Die konkreten Schritte sollten nun nicht durch «theoretische Spielereien mit Freigabemodellen» konkurrenziert werden. Auch die anstehende Teilrevision gehe nicht von einer Freibgabe aus, sagte der FDP-Fraktionspräsident.
«Forderung scheint nur auf ersten Blick radikal»
Politologin Regula Stämpfli nimmt zum SP-Vorschlag Stellung.
Ist die Drogenlegalisierung eine strategisch sinnvolle Forderung so kurz vor den Wahlen?
Regula Stämpfli: Die Legalisierung ist ein gutes Wahlkampfthema und Wahlen sind dazu da, Positionen zu formulieren. Wann denn sonst haben Parteien eine solch hohe Aufmerksamkeit.
Ist diese Extremforderung nicht politischer Selbstmord?
Stämpfli: Die Forderung scheint nur auf ersten Blick radikal, die Argumentation ist aber bestechend. Alkohol, Nikotin und Drogen bergen schwere Suchtgefährdung in sich. Die SP zeigt nun aus ihrer Sicht Wege auf, wie dem Drogenproblem am besten begegnet werden kann. Kein schlechtes politisches Paket im Wahljahr.
Hat die Forderung eine realistische Chance?
Stämpfli: Wenn wir an die Nichteintretensdebatte beim Cannabiskonsum denken – sicher nicht. Die SP muss bei den Wahlen jedoch ihr eigenes Klientel an die Urne mobilisieren. Daher ist die Lancierung dieses Themas strategisch sehr geschickt.
(SDA/ATS/Nico Menzato)