Befürworter warten auf Couchepins Abgang

Aktualisiert

Ja zur KomplementärmedizinBefürworter warten auf Couchepins Abgang

Mit zwei Dritteln Ja-Stimmen sagt das Stimmvolk klar Ja zur Komplementärmedizin. Dieser Entscheid ist auch eine Niederlage für den Gesundheitsminister Pascal Couchepin. Die Befürworter der Vorlage vertrauen nun auf seinen baldigen Abgang.

Das Verdikt über die Komplementärmedizin ist klar: Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit will sich die Schweizer Bevölkerung auch mit alternativen Methoden behandeln lassen (20 Minuten Online berichtete). Dieses Abstimmungsresultat ist auch eine Niederlage für Couchepin, der mit seiner Streichung von fünf alternativen Heilmethoden aus der Grundversorgung 2005 die Vorlage überhaupt anstiess. Heute entschied das Volk jedoch nicht mehr über die ursprüngliche Volksinitiative, sondern nur noch über den parlamentarischen Gegenvorschlag.

Volk macht Couchepins Streichung rückgängig

Zwar sei das Resultat kein Freipass für alle alternativen Heilmethoden, sagen auch die Befürworter der Vorlage. Für SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga (BE) ist aber klar, dass die fünf gestrichenen Methoden den Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit entsprächen und deshalb in den Leistungskatalog der Krankenversicherungen gehörten. Das deutliche Ja zeigt für Sommaruga, dass die Bevölkerung verstanden habe, dass die Komplementärmedizin wirksam sei und die Schulmedizin ihre Grenzen habe.

Zunächst müssen sich die fünf Methoden dem Gesundheitsminister stellen, der von einer Wiederaufnahme in die Grundversicherung nichts hält. «Pascal Couchepin hat immer gesagt, dass er sich nicht beeindrucken lässt. Mit über zwei Dritteln Ja-Stimmen ist der Druck der Bevölkerung aber hoch», zeigte sich Sommaruga zuversichtlich. «Und wenn Couchepin die Methoden nicht wieder aufnimmt, wird es sein Nachfolger oder das Parlament machen.» Die Grüne Nationalrätin Yvonne Gilli (SG) hat wenig Hoffnungen, dass der Gesundheitsminister seine Meinung noch ändert. «Wir werden mit der Umsetzung der Forderungen auf den Rücktritt Couchepins warten», sagte sie. «Und das wird in absehbarer Zeit sein.»

Sorgen um Kosten

Nicht überrascht vom deutlichen Ja ist Rolf Büttiker, FDP-Ständerat und Co-Präsident des Ja-Komitees «Zukunft mit Komplementärmedizin». Ausschlaggebend waren für ihn auch die Kosten der Komplementärmedizin. Das Volk habe gemerkt, dass die Alternativmedizin in vielen Fällen günstiger sei als die Schulmedizin. In diesem Punkt sind die Gegner der Vorlage anderer Meinung: Der Bevölkerung sei einmal mehr ein «ungedeckter Scheck» in der Sozial- und Gesundheitspolitik schmackhaft gemacht worden, sagt SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi (ZH). Das böse Erwachen werde mit den massiv höheren Kosten kommen.

Die heutige Voraussetzung der wissenschaftlichen Nachweisbarkeit, die für die Aufnahme von Leistungen in die Grundversicherung nötig ist, wird laut Bortoluzzi neu definiert werden müssen. Ein Fachstreit sei vorprogrammiert. Es wolle wahrscheinlich niemand, dass eine «Wohlfühlmedizin in allen Schattierungen» von der Grundversicherung gedeckt werde, erklärt Bortoluzzi.

Den FDP-Ständerat und Mediziner Felix Gutzwiller (ZH) bezweifelt, dass die Bevölkerung grosse Gedanken gemacht hat, welche Folgen ihr Entscheid für die Gesundheitskosten hat. Umfragen zeigten immer wieder, dass die Leute am Liebsten alle möglichen Leistungen in der Grundversicherung haben möchten, sagte er. «Aber bezahlen sollte sie dann möglichst jemand anderes.»

(sda/ap/mdr)

Neue Chance für alternative Heilmethoden

Das klare Ja zur Stärkung der Komplementärmedizin gibt der Forderung Schub, die 2005 nach sechsjähriger Versuchsphase gestrichenen fünf Methoden wieder kassenpflichtig zu erklären. Garantiert ist die Rückkehr in den Grundkatalog aber noch lange nicht.

Zur Diskussion stehen Homöpathie, Anthroposophische Medizin, Phythotherapie, Traditionelle Chinesische Therapie und Neuralthetrapie. Für die ersten vier dieser Methoden wurden schon vor der Abstimmung Vorgesuche gestellt. Die Fachgesellschaften wurden informiert, welche Unterlagen sie liefern müssen.

In ihrem Gesuch an das Bundesamt für Gesundheit (BAG) müssen die Fachgesellschaften belegen, dass die Behandlungsmethoden den auch für die Schulmedizin geltenden gesetzlichen Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) entsprechen.

Ob die WZW-Kriterien erfüllt sind, prüft die Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK). Unter ihren 20 Mitgliedern sind vorab die Ärzteschaft und die Versicherer, aber auch Versicherte, Kantone, Wissenschaft und medizinische Ethik vertreten.

Die Kommission empfiehlt dem Departement des Innern (EDI), ob die Leistungen in die Grundversicherung eingeschlossen werden sollen oder nicht. Das EDI entscheidet abschliessend. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Sollten die WZW-Kriterien für die Komplementärmedizin nicht mehr im bisherigen Sinne gelten, müsste das Krankenversicherungsgesetz geändert werden. (sda)

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