BundesanwaltschaftDen Ermittlern drohen Klagen
Nachdem die Bundesanwaltschaft möglicherweise unschuldige Tamilen in Gefahr gebracht hat, ist die Wut in der Diaspora gross. Anwälte der Tamil Tigers prüfen rechtliche Schritte.
Die Bundesanwaltschaft (BA) hat mit einem unüberlegten Rechtshilfegesuch Menschen gefährdet: Eine Liste mit Anrufen von Schweizer Tamil Tigers an 235 Adressen in ihrer Heimat könnte die Behörden Sri Lankas zu Verhaftungen und Schlimmerem veranlassen. In Sri Lanka gehen Polizei und Militär auch nach dem Sieg von 2009 über die Tamil Tigers hart gegen die Rebellen vor.
Vertreter der Tamilen in der Schweiz sind empört: «Das ist der reinste Wahnsinn», sagt Anton Ponrajah, Schauspieler und ehemals Mittelsmann der Tamil Tigers in Verhandlungen. «Selbst wenn politische Verfolgungen ausbleiben - wenn jemand in Sri Lanka mit den Tamil Tigers in Verbindung gebracht wird, hat er auch Mühe, einen Job zu finden.»
Klage wird geprüft
Lathan Suntharalingam, SP-Kantonsrat in Luzern, will die Bundesanwaltschaft verklagen. «Das ist eine Schweinerei!», sagt er. Für ihn ist die Aktion ein weiterer Hinweis darauf, dass die Schweiz schon früher mit dem Geheimdienst von Sri Lanka Informationen ausgetauscht hat. Suntharalingam will zusammen mit Landsleuten nun herausfinden, ob in Sri Lanka Personen wegen dieser Liste zu Schaden kamen.
Das tun auch die Verteidiger der drei Tamil Tigers, welche nach den Razzien und Festnahmen der Bundesanwaltschaft diesen Januar mit den schwersten Anschuldigungen konfrontiert sind. «Wir prüfen die Auswirkungen der Liste, welche die BA verschickt hat. Hinweise auf die Liste gab es schon länger», sagt Anwalt Claude Hentz. Hentz und seine Kollegen Max Birkenmaier und Marcel Bosonnet prüfen eine Klage gegen die Bundesanwaltschaft. Bis jetzt weiss man von einer Person, die bei einer Schiesserei ums Leben kam - vermutlich jedoch bereits bevor die Liste übersandt wurde.
Wenig Beweise
Laut Marcel Bosonnet hat das Manöver der Bundesanwaltschaft wieder Bewegung ins stockende Verfahren gegen die Tamil Tigers gebracht. Die drei Anwälte geben sich optimistisch, was einen allfälligen Prozess betrifft. «Die Bundesanwaltschaft hat bis jetzt wenig in der Hand. Sie behauptet, dass in der Schweiz gesammeltes Geld für Waffenkäufe genutzt wurde. Aus den uns vorliegenden Akten ergibt sich jedoch, dass dieses in Agrarprojekte und den Ankauf von Hilfsgütern floss», sagt Max Birkenmaier.