Schweiz verbietet Spam

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Schweiz verbietet Spam

Mehr als acht von zehn E-Mails im Internet sind Müll. Jetzt wird das Versenden unverlangter Massenwerbung via E-Mail oder SMS auch in der Schweiz strafbar. Was aber bringt die neue Regelung?

Die Busse ist saftig: 75 000 Euro muss ein holländischer Versender von unverlangten Werbe-E-Mails, kurz «Spam», bezahlen, wie die niederländische Fernmeldebehörde OPTA kürzlich bekannt gab.

Neun Milliarden Werbemails für Erektionshilfen, Pornos und anderes hatte er in Umlauf gebracht, viele davon über fremde Computer ahnungsloser Benutzer, die er zuvor via Internet unter seine Kontrolle gebracht hatte. Über 40 000 Euro soll er so verdient haben.

Ab 1. April in Kraft

Geldstrafen dieser Höhe sind zwar weltweit eine Ausnahmeerscheinung. In der Schweiz konnten sich «Spammer», wie die Versender unverlangter Werbe-E-Mails genannt werden, bisher aber besonders sicher fühlen: Anders als in den USA und der EU fehlte hierzulande eine klare gesetzliche Handhabe gegen ihr Treiben.

Mit dem Inkrafttreten des revidierten Fernmeldegesetzes ändert sich dies nun: Voraussichtlich ab dem 1. April 2007 wird Spamming strafbar.

Nur mit Einwilligung

Künftig wird es unter Geld- oder Freiheitsstrafe verboten sein, via E-Mail, SMS oder über andere Telekommunikationskanäle unaufgefordert Massenwerbung zu versenden oder solche Sendung in Auftrag zu geben, ohne vorher die Einwilligung der Empfänger eingeholt zu haben (»Opt-in»-Prinzip).

Zudem muss, was die meisten Spammer heute nicht tun, ein korrekter Absender angegeben werden, und den Empfängern muss ermöglicht werden, weitere Zusendungen problemlos und kostenlos zu unterbinden.

Eine Ausnahme gilt für Streuwerbung an bestehende Kunden: Wem eigene Kunden bei früheren Verkäufen ihre Adresse selbst mitgeteilt haben, muss diese Kunden für elektronische Massenwerbung nicht um Erlaubnis bitten, solange nur eigene, ähnliche Waren, Werke oder Leistungen beworben werden, der Absender korrekt angegeben und jeweils eine Ablehnungsmöglichkeit angeboten wird (»Opt-out»).

Der Datenschutz ist allerdings weiterhin zu beachten; hierzu sagt die neue Bestimmung nichts.

Politisch unbestritten

Politisch umstritten war die neue Bestimmung nicht. Ob sie spürbare Auswirkungen auf die Werbeflut haben wird, wird indes bezweifelt: Je nach Schätzung stammt nur gerade 1 Prozent der hierzulande empfangenen Spam-E-Mails auch aus der Schweiz.

Allerdings schlüpfen gerade diese E-Mails immer wieder durch die Maschen der oftmals ausländischen Filterprogramme. Die meisten Spam- Mails stammen heute aus China und Südkorea; auch Werbe-SMS werden häufig aus ausländischen Handy-Netzen versandt.

Helfer wider Willen

Die neuen Regelungen zielen aber nicht nur auf Täter und Auftraggeber an, sondern auch auf deren unwissenden Helfer wider Willen.

Um sich zu tarnen, kapern Spammer inzwischen mit Hilfe von Computerwürmern und anderen Schadprogrammen mit Vorliebe die noch immer häufig ungeschützten Computer privater Internet-Benutzer und verwandeln diese unbemerkt in ferngelenkte Relais-Stationen für Spam.

Solche so genannten Zombie-Computer gibt es auch in der Schweiz zahlreiche, und sie sind für die Werbe-Mail-Flut mitverantwortlich.

Internet sperren

Erfährt ein Fernmeldedienstanbieter, dass ein Kunde unerlaubte Massenwerbung versendet oder weiterleitet, soll der Provider dies daher künftig umgehend unterbinden müssen.

So sieht es zumindest der Entwurf einer Vollzugsverordnung des Bundesrates zum neuen Fernmeldegesetz vor; wer seinen Computer nicht vor dem Missbrauch durch Spammer schützt, muss künftig also unter Umständen mit dem Verlust seines Internet-Zugangs rechnen.

Der Entwurf will Provider ausserdem zur Errichtung einer Meldestelle und zur Vornahme von Massnahmen zum Schutz der Konsumenten vor Spam verpflichten, soweit es der Stand der Technik zulässt. Gemeint sind hier zum Beispiel Werbefilter, wie diverse Internet-Provider sie bereits anbieten.

Die definitive Fassung der Vollzugsverordnung soll im März verabschiedet werden; es werden im Bereich Spam keine grundsätzlichen Änderungen erwartet.

Auskunft über Absender

Eine weitere Neuerung steht aber schon fest: Wer sich gegen unlautere Massenwerbung wehren will, kann vom Provider oder der Telefongesellschaft künftig Auskunft über Name und Adresse des Absenders verlangen, soweit dieser bekannt ist.

In der Praxis wird dies jedoch nur bei Tätern in der Schweiz funktionieren, obschon das neue Gesetz an sich auch Spam aus dem Ausland verbieten würde. Offen ist allerdings auch, wann es in der Schweiz zur ersten Verurteilung kommt: Unlautere Massenwerbung wird nur auf Antrag verfolgt. (sda)

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