Frank Urbaniok«Kinderporno-Konsumenten sind meist nicht pädophil»
Am Mittwoch deckten Schweizer Ermittler eine internationale Kinderporno-Plattform auf. Die Teilnehmer wollten explizit Kinder missbrauchen. Was geht in den Pädophilen vor? Der Forensiker Frank Urbaniok klärt auf.
20 Minuten Online: Zwei Personen missbrauchten ein kleines Kind – hunderte tauschten auf einer Webseite ihre Erfahrungen aus. Warum organisieren sich Pädophile in Gruppen?
Frank Urbaniok: Man fühlt sich verstanden, und die Leute kommen schneller an das gewünschte Material. Es sprechen also auch praktische Gründe dafür, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Es gibt aber auch viele Personen, welche ausschliesslich als Einzeltäter agieren.
Sind alle Kinderporno-Konsumenten pädophil?
Die Mehrheit der Konsumenten begeht nie tätliche Übergriffe, sie sind gar nicht pädophil. Sie kompensieren mit dem Konsum von Kinderpornos persönliche Probleme: Sie sind z. B. vereinsamt, können mit Gleichaltrigen keine Kontakte schliessen.
Was treibt sie an?
Sie brechen mit Kinderpornos ein Tabu, diese haben für sie einen höheren Wert als normale Pornos. Bei nicht wenigen ist es wie eine Sammelleidenschaft - sie kommen in eine Art Jagdstimmung. Das verleiht ihnen einen Kick.
Können Pädophile normale Beziehungen führen?
So genannte Kernpädophile fühlen sich nur von Kindern angezogen. Für sie ist eine Beziehung zu Gleichaltrigen nicht attraktiv. Sie sind so veranlagt, und viele leiden darunter.
Wie sieht eine Therapie aus?
Therapiert werden nur diejenigen Pädophilen, die tatsächlich Übergriffe auf Minderjährige begehen. Die Pädophilie lässt sich nicht wegtherapieren. Es geht darum, sich besser steuern und kontrollieren zu können. Ähnlich einem Alkoholiker, der lernt, abstinent zu leben.
Wie stehen Therapiechancen?
Die Erfolgsquoten sind entgegen der landläufigen Meinung sehr gut. Durch moderne Therapieverfahren lassen sich viele Rückfälle verhindern.