KZ-Stiftung attackiert Mörgeli - und SF
In der Affäre um Pascal Couchepins angeblichen «Mörgele»-Versprecher geraten das Schweizer Fernsehen (SF) und SVP- Nationalrat Christoph Mörgeli ins Schussfeld der Kritik. Beim Fernsehen streut man sich Asche aufs Haupt. Mörgeli hingegen geht in die Offensive.
Die Stiftung Gedenkstätte Buchenwald wirft dem Fernsehen und dem SVP-Nationalrat vor, das ehemalige KZ instrumentalisiert zu haben.
Das besagte Interview mit Mörgeli war am Mittwoch in der Sendung «10 vor 10» ausgestrahlt worden. Aufgezeichnet worden war es auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald, der heutigen Gedenkstätte Buchenwald.
Fehlende Dreherlaubnis
Entgegen allgemeinem Usus hätten weder SF noch Mörgeli selber um eine Drehgenehmigung ersucht, teilte die Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora am Freitag in einem Communiqué mit. Demzufolge habe die Stiftung auch keine Drehgenehmigung erteilt.
Als die Stiftungsleitung von Mitarbeitern über die Dreharbeiten informiert worden sei, habe man den verantwortlichen SF- Korrespondenten im Beisein Mörgelis nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Filmaufnahmen nicht gestattet seien. Der zuständige Korrespondent habe den Eindruck vermittelt, das Drehverbot zu akzeptieren.
«Bisher einzigartig»
In bisher einzigartiger Weise hätten sich aber ein Fernsehteam und ein Politiker über die Regeln der Stiftung zum Schutz der Würde des Ortes und der Opfer hinweggesetzt, wird Stiftungsdirektor Volkhard Knigge im Communiqué zitiert.
Knigge forderte SF auf, an prominenter Stelle richtig zu stellen, dass die Filmarbeiten gegen den ausdrücklich erklärten Willen der Stiftung erfolgt seien. Von SF und von Mörgeli verlangte er, sich bei den Opfern für diese «politische Funktionalisierung» ihrer Geschichte zu entschuldigen. Die Stiftung behalte sich rechtliche Schritte vor.
Die Stiftung erteilt laut eigenen Angaben Drehgenehmigungen im ehemaligen KZ immer dann, wenn es um die Dokumentation und Darstellung der in Buchenwald verübten Verbrechen, ihrer historischen Hintergründe oder um Schicksal und Würdigung der Opfer geht. Dies sei im Falle des Interviews mit Mörgeli eindeutig nicht das Ziel gewesen.
Mörgeli: Zufall
Christoph Mörgeli erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur SDA, es sei nicht seine Sache gewesen, sich um die Drehgenehmigung zu kümmern. Er habe mit dem Interview aber nicht das ehemalige KZ instrumentalisieren wollen.
Das Schweizer Fernsehen habe ihn um ein Interview in der Affäre um Couchepins angeblichen «Mörgele»-Versprecher gebeten. Er habe erklärt, dass er sich im Ausland befinde. Daraufhin habe man ihm ein Interview mit dem Deutschland-Korrespondenten von SF vorgeschlagen. Es habe sich «zufällig» ergeben, dass er zum Zeitpunkt des Interviews das ehemalige KZ Buchenwald besucht habe.
Weiter erklärte Mörgeli, er habe am Freitag die Tonprotokolle der fraglichen Kommissionssitzung mit Couchepin gehört. Daraus gehe hervor, dass es sich nicht um einen Versprecher handle, und es sei lautstark gelacht worden.
Schweizer Fernsehen übt Selbstkritik
Beim Schweizer Fernsehen hingegen zeigt man sich nach dem Interview mit Christoph Mörgeli in Buchenwald selbstkritisch. Im Nachhinein müsse man sich fragen, ob ein neutraler Hintergrund anstelle des ehemaligen KZ nicht besser gewesen wäre, sagte SF- Sprecher David Affentranger.
SF habe den Zürcher SVP-Nationalrat am Mittwoch für eine Stellungnahme in der Affäre um Bundesrat Pascal Couchepins angeblichen «Mörgele»-Versprecher erreichen wollen, sagte Affentranger gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Daraufhin habe es geheissen, Mörgeli sei im Ausland und nur in Buchenwald erreichbar.
Entgegen den Vorwürfen der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora habe das Interview jedoch nicht auf dem Gelände des ehemaligen KZ selber stattgefunden. Man habe rund 200 Meter entfernt auf dem Besucherparkplatz mit Mörgeli geredet. Im Bericht sei aber erwähnt worden, dass das Gespräch in Buchenwald geführt worden sei.
Sicherheitsleute der Gedenkstätte hätten gesehen, dass das Interview geführt worden sei, sagte Affentranger weiter. Hinterher hätten sie dem Deutschland-Korrespondenten von SF gesagt, dass eine Bewilligung notwendig sei, um auf dem Gelände selber zu drehen. Man habe sich aber zu keinem Zeitpunkt auf dem Gelände befunden. (sda)