Beschwerden prasseln auf Kantone nieder

Aktualisiert

Biometrische PässeBeschwerden prasseln auf Kantone nieder

Die Kantone werden von Einsprachen gegen das knappe Abstimmungsresultat zu den biometrischen Pässen überflutet. Die Beschwerdeführer fordern eine neue Abstimmung oder zumindest eine Nachzählung der Stimmen.

Der Aufruf der Gruppierung «Geistige Landesverteidigung» im Internet, Beschwerden gegen das Abstimmungsergebnis zu den biometrischen Pässen einzureichen (20 Minuten Online berichtete), ist erfolgreich. In 22 Kantonen gingen insgesamt mehr als 460 Abstimmungsbeschwerden ein, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur SDA bei den Staatskanzleien ergab.

Am grössten ist der Widerstand in der Zentralschweiz. Im Kanton Luzern gingen knapp 250 Beschwerden ein. Im Kanton Schwyz wollen sich 70 Personen nicht mit der Einführung des biometrischen Passes abfinden.

Nur 4 Kantone wurden bisher von den Beschwerden verschont. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Neuenburg ist die Frist inzwischen abgelaufen. In den Kantonen Jura und Tessin bleibt noch Zeit, um Beschwerde einzulegen.

Die Beschwerdeführer fordern die Kantonsregierungen auf, das Resultat für ungültig zu erklären und die Abstimmung zu wiederholen. Für den Fall, dass dies abgelehnt wird, solle zumindest nachgezählt werden.

«Geistige Landesverteidigung» als Urheberin

Bei einem Grossteil der Einsprachen benutzten die Beschwerdeführer die standardisierten Beschwerdebriefe der Vereinigung «Geistige Landesverteidigung». Diese Gruppe macht seit dem Abstimmungssonntag vom 17. Mai auf dem Internet Stimmung gegen das knappe Ergebnis.

Sie behauptet, dass es bei der Stimmenauszählung zu Unregelmässigkeiten gekommen sei. Auf ihrer Website sind Musterbriefe aufgeschaltet, mit welchen bei den Kantonen Beschwerde eingereicht werden kann.

Die Begründungen sind dabei unterschiedlich. In den meisten Kantonen werden die Beschwerden mit der alleinigen Knappheit des Ergebnisses gerechtfertigt. In anderen Kantonen wie Luzern werden spezifisch Gründe für die Einsprache genannt.

In der Stadt Luzern finden es die Gegner des biometrischen Passes zum Beispiel unrealistisch, dass über 99 Prozent der Stimmen brieflich abgegeben worden sind. Die Gruppe befürchtet, dass so viele brieflich abgegebene Nein-Stimmen unter den Tisch fielen.

Auch beim Online-Netzwerk Facebook ist die «Geistige Landesverteidigung» präsent. Sie initiierte eine Gruppe, die eine Neuauszählung der Abstimmung verlangt. Inzwischen zählt diese rund 1700 Mitglieder.

Frist vielerorts abgelaufen

Adressat der Beschwerden sind gemäss Bundesgesetz über die politischen Rechte die Kantone, da sie den Urnengang organisieren. Die Beschwerde ist drei Tage nach der Entdeckung des Beschwerdegrunds, spätestens jedoch am dritten Tag nach der Veröffentlichung der Ergebnisse im kantonalen Amtsblattes einzureichen.

In mehreren Kantonen ist die Beschwerdefrist inzwischen abgelaufen. Nach dem Eingang der Einsprache haben die Kantonsregierungen zehn Tage Zeit, die Beschwerde gutzuheissen oder abzulehnen. Bisher hat noch kein Regierungsrat einen Entscheid gefällt.

Kampf dem Totalitarismus

Die Vereinigung «Geistige Landesverteidigung» setzt sich für eine unabhängige Schweiz, die direkte Demokratie und den Föderalismus ein, wie der Website zu entnehmen ist. Dem Staat wirft sie vor, die Bürger zunehmend zu bevormunden.

In diesem Zusammenhang kritisiert die Gruppe auch die briefliche Stimmabgabe. Sie befürchtet, dass die Gemeindebehörden mit den brieflichen Stimmcouverts nicht sachgemäss umgehen.

Die «Geistige Landesverteidigung» wehrte sich bereits im Abstimmungskampf gegen den biometrischen Pass. So taucht das Emblem der Gruppe auf der Internetseite der «Freiheitskampagne» auf.

Die Einführung des neuen biometrischen Passes war am 17. Mai mit 50,1 Prozent der Stimmen sehr knapp gutgeheissen worden. Der Unterschied betrug 5504 Stimmen. Die in der Abstimmung unterlegenen Parteien SVP, SP und Grüne verzichteten auf eine Abstimmungsbeschwerde.

(sda)

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