PorträtDas ist Bundesrat Didier Burkhalter
Der freisinnige Neuenburger Didier Burkhalter hat noch nie eine Wahl verloren - auch nicht die Wahl zum 112. Bundesrat.
Mit Didier Burkhalter hat das Parlament einen liberalen Brückenbauer und Reformer in die Regierung gewählt. Der 49-jährige Neuenburger gilt als beharrlicher Konsenspolitiker. Das Bad in der Menge sucht der neue Bundesrat nicht. Zur Kandidatur liess er sich erst nach längerer Bedenkzeit bewegen.
«Wenn Real Madrid noch mehr Starspieler verpflichtet, wird dies keine gute Mannschaft sein», sagte Burkhalter in einem Interview des «Tages-Anzeigers» auf die Frage, ob seine Tugenden als loyaler und fleissiger Politiker ausreichten, um sich in der Löwengrube Bundesrat zu behaupten. Trotz Verzicht auf schrille Töne wurde Burkhalter spätestens seit dem November 2007 als Favorit für die Nachfolge von Pascal Couchepin im Bundesrat gehandelt. Denn damals schaffte der FDP-Politiker im zweiten Wahlgang den Sprung in den Ständerat und beendete die vierjährige SP-Doppelvertretung des Kantons Neuenburg in der kleinen Kammer.
11 Jahre im Kantonsparlament
Dass Politik auch ohne Klamauk und Spektakel erfolgreich sein kann, bewies Burkhalter schon früher. 1991 wurde er 31-jährig in die Regierung der Stadt Neuenburg gewählt, der er bis Juni 2005 angehörte. Schon drei Jahre zuvor sammelte er Erfahrungen als Parlamentarier in der Neuenburger Vorortsgemeinde Hauterive. Während elf Jahren bis 2001 gehörte Burkhalter dem Neuenburger Kantonsparlament an. Auf Bundesebene begann seine Karriere im Herbst 2003 mit der Wahl in den Nationalrat. Bereits zwei Jahre später rückte Burkhalter zum Vizepräsidenten der FDP-Fraktion der Bundesversammlung auf.
Als Beruf gibt der diplomierte Volkswirtschafter Ökonom an. Er wehrt sich aber auch nicht gegen die Bezeichnung Berufspolitiker. Ein Wirtschaftsvertreter im Sinne des Zürcher Freisinns oder ein Wirtschaftsführer, wie ihn die SVP in Zeiten der Krise gerne an den Schalthebeln der Regierung sähe, ist Burkhalter nicht. Er sitzt in keinem Verwaltungsrat. Die kurze Liste seiner Interessenbindungen umfasst vielmehr vor allem Mandate bei Institutionen, mit denen er als Politiker in Neuenburg zu tun hatte. Hinzu kommt ein Sitz im Stiftungsrat der Schweizerischen Pfadistiftung.
Regierungsreform und innere Sicherheit
Wirtschaftsliberale Positionen vertritt der neue FDP-Bundesrat aber bei der Privatisierung staatlicher Betriebe und bei Partnerschaften von Staat und Wirtschaft. Burkhalter ist Vorstandsmitglied im Verein PPP Schweiz, der gemischwirtschaftliche Projekte fördert. Er verweist gern auf das in seiner Amtszeit als Neuenburger Bau- und Sportvorsteher angestossene multifunktionale Sportstadion La Maladière.
Auf Bundesebene trat Burkhalter aber weniger mit wirtschafts- und finanzpolitischen Themen in Erscheinung. Die Liste der 25 von ihm lancierten Vorstösse zeugt vielmehr vom Interesse des neuen Bundesrats an einer Regierungsreform und an der inneren Sicherheit. Eine bessere Ausbildung der Bundesverwaltung und der Botschaften zur Krisenbewältigung thematisierte Burkhalter schon 2005. Die Departemente möchte er nach langfristigen Prioritäten umbauen, das Bundespräsidium stärken. Am meisten Aufsehen sorgte der eher medienscheue Politiker aber mit seinem Vorstoss für die Schaffung eines Entführungsalarmsystems für Kinder, der erst unter dem Eindruck der tragischen Ereignisse im Fall Lucie dieses Jahr den nötigen politischen Rückhalt fand.
Spricht fliessend Deutsch
Die FDP hat mit Burkhalter zwar ihren zweiten Bundesratssitz halten können. Ob sie mit dem neuen Regierungsmitglied auch glücklich wird, steht aber auf einem anderen Blatt. «Wenn die FDP jemanden sucht, der alles über die Medien lanciert und seine Tätigkeit voll auf die Partei ausrichtet, ist sie bei mir falsch», sagte Burkhalter vor seiner Nomination.
Burkhalter spricht fliessend Deutsch. Er ist mit einer Vorarlbergerin verheiratet und Vater dreier Söhne. Homestories über den neuen Bundesrat gibt es nicht. Das Maximum war ein Foto in der «Schweizer Illustrierten», auf dem Burkhalter in Kurzarmhemd und Krawatte den Veston schwingt. Der Zeitschrift verriet er zudem: «Ich würde später gern mal einen Roman schreiben.»
Burkhalter nahe beim Durschnittsalter
Der am 17. April 1960 geborene Didier Burkhalter liegt mit seinen 49 Jahren nahe am Durchschnittsalter der bisherigen 112 Regierungsmitglieder zum Zeitpunkt ihrer Wahl. Dieses beträgt 50,7 Jahre. Jünger als Burkhalter waren 40 Bundesräte. Dazu gehört aus dem jetzigen Kollegium Doris Leuthard, die 2006 als 43-Jährige in den Bundesrat gewählt worden war. Die mit Abstand Jüngste in den letzten Jahrzehnten war Ruth Metzler-Arnold; sie zog 1999 mit 35 Jahren in die Regierung ein. Jüngster Bundesrat seit der Gründung des Bundesstaats war der Neuenburger Numa Droz, der bei seiner Wahl im Jahre 1875 31-jährig gewesen war. Den Altersrekord hält der Genfer Liberale Gustave Ador, der 1917 im Alter von 72 Jahren in die Regierung eingezogen war. Das Durchschnittsalter im aktuellen Bundesrat sinkt mit der Wahl Burkhalters anstelle des 67-jährigen Pascal Couchepin um fast gut zweieinhalb Jahre, von 59,9 auf 57,3. Bei der Gründung des Bundesstaats vor 161 Jahren war der Bundesrat noch zehn Jahre jünger gewesen. Burkhalter ist nach der 46-jährigen Leuthard das zweitjüngste Regierungsmitglied.