Steuerparadies-DebatteDeutscher Finanzminister droht der Schweiz
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück will sich in der Diskussion um Steueroasen von der Schweiz nicht den Mund verbieten lassen. Er überlegt sich, den Schweizer Botschafter in Berlin zu zitieren.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ist nun auch in Deutschland selbst für seine Aussagen zur «Steueroase Schweiz» in die Kritik geraten. Sogar der Koalitionspartner CDU/CSU rief zur Mässigung auf.
Steinbrück aber will sich von der Schweiz nicht den Mund verbieten lassen. «Ich werde es weiter beim Namen nennen», sagte er am Donnerstag in Stuttgart. Er zeigte kein Verständnis dafür, dass die Schweiz nach seiner Kritik den deutschen Botschafter in Bern einbestellt hat. «Vielleicht sollte ich in Berlin mal den Schweizer Botschafter fragen.»
Er werde auch künftig hart kritisieren, wenn Deutsche zum Steuerbetrug eingeladen würden. «Das betrifft unsere Souveränität.» Dabei werde er weiterhin keine Rücksicht auf Empfindlichkeiten nehmen, sagte der SPD-Politiker.
Kritik aus den Parteien
Der finanzpolitische Sprecher der Union (CDU/CSU), Otto Bernhardt, hatte den Finanzminister zuvor ermahnt, mit der Kritik an anderen Ländern nicht zu übertreiben. Auch im Kampf gegen Steuerflucht sei «Besonnenheit das Gebot der Stunde».
Bernhardt betonte, er warne vor «Schnellschüssen». Auch der Union sei daran gelegen, Steuerflucht zu verhindern. Aber dafür müssten die internationalen Gespräche sachlich weitergeführt werden.
Noch deutlichere Worte fand die oppositionnelle FDP. «Die Äusserungen des Bundesfinanzministers sind inhaltlich und von der Form her inakzeptabel», sagte der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Hermann Otto Solms.
Steinbrück solle sich endlich mit den Ursachen der Kapital- und Steuerflucht aus Deutschland heraus befassen, statt dauernd die Schweiz zu beschimpfen.
Drohungen an die Schweiz
Die Schweiz war am Dienstag an einem Ministertreffen von 17 Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wegen ihrer Steuerpraxis an den Pranger gestellt worden.
Steinbrück sagte nach dem Treffen in Paris, die Schweiz biete Konditionen an, die deutsche Steuerzahler dazu einlüden, in Deutschland Steuern zu hinterziehen. Er drohte damit, dass die OECD die Schweiz auf die Schwarze Liste der Steuerparadiese verbannen werde.
Der deutsche Botschafter in der Schweiz, Axel Berg, wurde daraufhin am Mittwoch ins Aussenministerium in Bern zitiert. Bundesrätin Michelin Calmy-Rey bezeichnete die Äusserungen Steinbrücks als «in Form und Inhalt inakzeptabel». Die Schweiz zahle Deutschland auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens jährlich Millionen von Franken.
Viel Rhetorik
Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta sagte bei einem Besuch in Brüssel gegenüber der SDA, das Abkommen sei in gegenseitigem Interesse. Er könne sich nicht vorstellen, dass Deutschland an dessen Kündigung - und somit an einer doppelten Besteuerung der Leute - interessiert sei.
Gentinetta glaubt, dass das Ganze viel mit Rhetorik zu tun habe. Es seien auch in Deutschland klare wirtschaftliche Interessen da, dass die Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz weiterhin gut funktionierten. (sda)