Internate werden mit Anfragen überrannt

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Privatschulen im TrendInternate werden mit Anfragen überrannt

Statt mit Ranglisten haben die Privatschulen mit langen Wartelisten zu kämpfen. Die renommierten Schweizer Internate verzeichnen Rekordjahre. Der Drang der Eltern nach einer strengen Erziehung und internationalen Ausbildung lassen die Häuser jubeln. Die Eltern gehen dafür bis ans Limit.

Annette Hirschberg
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Annette Hirschberg

«Jeden Platz in unserer Schule könnten wir im Moment vierfach besetzen», sagt Celine Gelli, PR-Verantwortliche beim Collège Alpin Beau Soleil in Villars-sur-Ollon. Das eher kleine Internat in den Waadtländer Alpen bietet Platz für 170 Schüler zwischen 12 und 18 Jahren. 45 Nationalitäten wohnen derzeit im Beau Soleil. Das Haus ist so ausgebucht, dass sich der Direktor erlauben kann, faule Schüler aus der Schule zu werfen. Zudem ist der Anteil einzelner Nationen am Gesamtschülerkörper auf zehn Prozent limitiert, um eine ausgewogene Vertretung vieler Nationen und Kulturen zu garantieren. Ein Punkt, auf den nicht nur das Internat Wert legt: «Unsere Schule basiert auf einem klaren Wertesystem, und das schätzen die Eltern», so Gelli. Die Nachfrage ist ungebremst hoch, von Wirtschaftsrezession keine Spur: «Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass sich daran etwas ändert», sagt Gelli.

Globalisierung fordert internationale Ausbildung

Die Sonne scheint längst nicht nur dem Beau Soleil entgegen. In der ganzen Schweiz verzeichnen Internate einen ungebrochenen Zulauf. Auch das Institut Montana in Zug verzeichnet ein Rekordjahr mit noch nie dagewesener Schülerzahl, wie Oliver Schmid bestätigt. Direktor Schmid führt dies vor allem auf die grosse Nachfrage nach einer Ausbildung in englischer Sprache mit internationalem Diplom zurück. Dahinter stecken die Ansprüche der globalisierten Welt, sagt Steven Ott von der American School im waadtländischen Leysin: «Die internationale Atmosphäre im Internat, in der man mit allen Kulturen und Weltreligionen in Kontakt kommt, bereitet die Schüler ideal auf Jobanforderungen in globalisierten Firmen vor.»

Zusammenleben fördert soziale Kompetenz

Ähnlich sieht das Beat Sommer, Rektor des Lyceum Alpinum im bündnerischen Zuoz, das auf ein Rekordjahr zurückblicken kann. Zwei Drittel seiner 320 Internatsschüler kommen aus der Schweiz. Rund die Hälfte davon macht eine internationale Ausbildung. Ausserdem schätzten viele Eltern, dass ihre Kinder im Internat auch sozial geformt werden, sagt Sommer. «Das Zusammenleben im Internat fördert die soziale Kompetenz, ausserdem haben wir klare Werte und Erziehungsstrukturen». Eine hohe Nachfrage nach Disziplin und Erziehung stellt auch Direktorin Monika A. Schmid vom Institut auf dem Rosenberg in St. Gallen fest. «Schon 8-jährige Kinder kommen deshalb zu uns ins Internat», sagt Schmid.

Immer mehr Schüler in Privatschulen

Einst galten Eltern, die ihre Kinder ins Internat schicken, als Rabeneltern und das Internat selbst als «Abschiebe für verwöhnte Bengel». Doch der Wind hat sich gedreht: Gute Bildung, internationale Abschlüsse, klare Strukturen und eine strenge Erziehung sind im Zeitalter von Pisastudien Schlagwörter, die offenbar viele Eltern im Entscheid über die Schulbildung ihrer Kinder leiten. Privatschulen boomen. In den vergangenen acht Jahren ist der Anteil der Schüler in Schweizer Privatschulen von 4.6 auf 5.9 Prozent gestiegen. Auf Maturitätsstufe erreicht dieser bereits 8 Prozent.

Dies erstaunt umso mehr, als für die Privatschulen oft tief ins Portemonnaie gegriffen werden muss. So zahlen Eltern im Institut Montana für ein Kind 4188 Franken - monatlich. Im Beau Soleil beläuft sich die Jahresgebühr auf 81 000 Franken - Uniformkosten und Sportgebühren nicht inbegriffen. Um dies finanzieren zu können, laufen viele Eltern am Limit, wie Oliver Schmid vom Institut Montana bestätigt: «Wir haben Väter und Mütter, die beide Vollzeit arbeiten, um für die Kosten aufkommen zu können.»

Das soll sich auch in der angelaufenen Krisenzeit nicht ändern. Keine der von 20 Minuten Online kontaktierten Internate spüren einen Abwärtstrend. «Auch für das nächste Schuljahr gibt es keine Anzeichen für einen Einbruch», sagt etwa Beat Sommer vom Lyceum Alpinum. Klar ist auch, weshalb: «Bei der Ausbildung ihrer Kinder machen die Eltern zuletzt Abstriche.»

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