Kampf der Teenie-Prostitution

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Sex für GeldKampf der Teenie-Prostitution

Eine alte Gesetzeslücke wird zum Politikum: Minderjährige sollen sich nicht prostituieren dürfen. Über die Teenie-Sexarbeiterinnen wurde bereits im Parlament abgestimmt, und nun handelt der Bundesrat: Voraussichtlich ab Herbst ist Schluss mit Sex für Geld unter 18 Jahren.

Joel Bedetti
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Joel Bedetti

Obwohl das Gesetz seit 1992 gilt, kann es CVP-Nationalrat Luc Barthassat immer noch kaum glauben: In der Schweiz darf man bereits ab 16 Jahren auf den Strich gehen und in Pornofilmen mitspielen. Barthassats Befürchtung: Die Schweiz wird zum Zentrum für minderjährige Prostitution und Pornographie. «Die Schweiz verschliesst die Augen vor diesem Problem», sagte der Genfer Parlamentarier gegenüber dem St. Galler Tagblatt.

Nun hat der welsche Christdemokrat den Kampf gegen diese Regelung aufgenommen: Er will das sexuelle Mündigkeitsalter auf mindestens 18, besser noch auf 21 Jahre hinaufschrauben. Barthassat scheiterte am 3. Juni mit seinem Anliegen im Nationalrat, Prostitution und Pornographie unter 18 Jahren zu verbieten. Das Parlament hielt eine Erhöhung des Mindestalter für kontraproduktiv. Begründung: Man wolle die Prostituierten nicht kriminalisieren.

Nicht nur Gesetze

Angenommen haben die Räte aber eine Motion der SP-Rätin Margrit Kiener Nellen. Sie fordert dass «Freier als Erwachsene bestraft werden, wenn sie Dienstleistungen bei unmündigen Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern beziehen.» Ein Signal also, dass das Thema minderjährige Sexarbeit im Schweizer Parlament angekommen ist.

Die Motion von Luc Barthassat hat jedoch nicht nur die Politiker auf Trab gebracht; auch die Verbände setzen sich seit einigen Wochen intensiv mit dem schwierigen Thema auseinander – wenn auch bisher noch keine konkreten Lösungsvorschläge vorliegen. Dass es Prostitution von Minderjährigen gibt, ist kaum umstritten. Sie findet weniger in Bordellen, sondern eher auf dem Strassenstrich und auf privaten Partys statt. Manche Teenager verkaufen ihren Körper auch, um sich Markenkleider zu kaufen – bekannt geworden ist diese Art von Prostitution unter dem Namen «Labelsex.»

Patentrezepte gegen Teenie-Prostitution gibt es keine

Viel mehr weiss man aber nicht: «Es gibt kaum Daten, auf die man sich stützen könnte», sagt Cordula Sanwald von der Stiftung Kinderschutz Schweiz, die zurzeit ein Positionspapier zu minderjährigen Sexarbeiterinnen erstellt. Auch Procore, der Dachverband für den Schutz der Prostituierten, ist daran, bei seinen Beratungsstellen in Schweizer Städten Fakten und Meinungen einzusammeln, um eine Position zu formulieren und Lösungen vorzuschlagen.

Wie man das Problem in den Griff kriegt, ist auch unter Fachleuten umstritten. «Wir sind der Meinung, dass sich das Problem nicht nur durch gesetzliche Handhabe lösen lässt», meint Rosa Winkler von der Fraueninformationsstelle Zürich. Doch für Winkler ist der Jugendschutz das Wichtigste: Frauen sollten sich erst ab 18 Jahren legal prostituieren dürfen. Doch gesetzliche Ansätze zur Lösung des Problems sind schwierig zu handhaben:

«Die Freier erwischt man sowieso kaum. Und wenn, dann können sie behaupten, sie hätten nicht gewusst, wie alt die Prostituierte sei», sagt Regula Rother von der Sexarbeit-Beratungsstelle Isla Victoria in Zürich. Trotzdem könne es helfen, solche Freier strafbar zu machen. Klar ist für beide Expertinnen: «Es gibt keine einfachen Lösungen für dieses Problem.»

Bundesrat muss handeln

Um Positionen zu klären und erste Lösungen zu erarbeiten, veranstaltet die Kinderschutz-Organisation Terre des Hommes am 18. August ein Diskussionspodium. Als Redner sind unter anderem Luc Barthassat und der Zürcher Milieu-Ermittler Peter Rüegg vorgesehen. «Wir wollen konkrete Massnahmen vorantreiben», sagt «Terre des Hommes»-Sprecher Pierre Zwahlen.

Konkret wird es spätestens im Herbst. Dann wird der Bundesrat höchstwahrscheinlich die Europaratskonvention zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung unterschreiben. «Diese Konvention hätte strafrechtliche Konsequenzen», sagt Cordula Sanwald von der Stiftung Kinderschutz Schweiz: «Bezahlter Sex mit Minderjährigen würde dann für die Freier strafbar.»

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