Gegen RassismusMuslime beteten auf dem Bundesplatz
Rund 2000 Muslime haben am Samstag auf dem Bundesplatz in Bern gegen Islamophobie protestiert. Redner aus dem In- und Ausland kritisierten die Diskriminierung von Muslimen im Alltag.

Am 30. Oktober knieten Muslime auf dem Bundesplatz zum Gebet nieder.
Muslimische Verbände hatten sich bereits im Vorfeld von der Veranstaltung distanziert. Zum «Tag gegen Islamophobie und Rassismus» hatte der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) aufgerufen. Als einer der ersten Redner betrat am Samstagnachmittag IZRS-Präsident Nicolas Blancho die Bühne. Hinter ihm waren grosse gelbe Buchstaben aufgestellt, die das Wort Islamophobie bildeten.
«Dieses Wort ist ein unerwünschter Gast hier», rief Blancho den Kundgebungsteilnehmern zu. Er forderte laute Unterstützung, um einen Buchstaben nach dem andern umzuwerfen.
Blancho stellte Fragen wie: «Wollt ihr, dass das Minarettverbot bestehen bleibt?» Für jedes schallende Nein aus der Menge kippte ein Helfer einen der Buchstaben um - bis die «Islamophobie» von der Bühne verschwunden war.
Muslime dürften nicht wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden, betonte Blancho; «Wir sind ein Teil der Gesellschaft wie alle anderen auch.»
Aggressive Blicke wegen Schleier
Mit Lauren Booth wandte sich eine britische Journalistin an das Publikum, die vor einem Jahr zum Islam konvertiert war. Sie ist die Schwägerin des britischen Ex-Premierministers Tony Blair. Booth warf den Medien eine verzerrte Berichterstattung über Muslime vor.
Ausserdem sei sie von Bern enttäuscht, sagte sie. Als sie durch die Innenstadt spaziert sei, habe sie wegen ihres Schleiers, ihres Hijabs, aggressive Blicke geerntet.
Nora Illi vom IZRS-Frauendepartement forderte bessere Chancen auf dem Stellenmarkt für Musliminnen, die sich verschleiern. Es dürfe nicht sein, dass eine Muslimin eine Stelle nicht erhalte, nur weil sie ein Kopftuch trage, sagte sie.
Gebete auf dem Bundesplatz
In einer Pause zwischen den Referaten knieten mehrere Muslime auf dem Bundesplatz zum Gebet nieder. Das Beten auf dem Bundesplatz war aber explizit nicht Teil der Kundgebungsbewilligung, wie Daniela Sigrist, Sprecherin der Berner Kantonspolizei, am Sonntag auf Anfrage sagte.
Die Polizisten vor Ort hätten deshalb im Rahmen der Verhältnismässigkeit gewartet, bis die Gebete fertig waren. Dann kontaktierten sie die Organisatoren, wie Sigrist ausführte. Die Polizei werde nun die Stadt Bern darüber informieren, da diese die Bewilligung für die Kundgebung erteilt hatte.
Umstrittener Aufkleber
Viele Kundgebungsteilnehmer trugen einen gelben Stern mit der Aufschrift «Muslim» auf sich. Diesen hatten die Organisatoren in Umlauf gebraucht, um auf die Diskriminierung der Muslime aufmerksam zu machen. Weil er dem Judenstern der Nationalsozialisten nachempfunden ist, sorgte der Aufkleber schon im Vorfeld für Kritik.
Viele Blicke zog ein grosses, aufblasbares Minarett auf sich, das die Organisatoren gleich neben der Bühne aufgestellt hatten. Es war mit «Free Minaret» beschriftet. Zur Kundgebung gehörten auch Informationsstände mit Schriften über den Islam. Die Organisatoren selber schätzten die Besucherzahl bis am frühen Abend auf 3500 bis 4000 Personen.
Vor der Kundgebung hatten sich die Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS) und die Koordination Islamischer Organisationen Schweiz (KIOS) von dem Anlass distanziert. Sie bezeichneten diesen als Provokation.
Bereits 2009 hatte der Islamische Zentralrat eine Kundgebung in Bern durchgeführt. Damals gab die Einladung des umstrittenen deutschen Islampredigers Pierre Vogel zu reden. Dieser war mit einer Einreisesperre belegt und an der Grenze schliesslich abgewiesen worden.
(sda)