Killergame-VerbotPsychosekte mischelt bei Game-Verbot mit
Ihr Ziel eint sie: In der Vereinigung gegen Killergames ist auch eine sektiererische Gruppe vertreten. Wurden SP-Politiker für deren Zwecke eingespannt?
Den Kampf für ein Verbot von Killerspielen führt die Vereinigung gegen mediale Gewalt (VGMG) an. Ende April 2009 entstand sie als Kind des Berner SP-Grossrats Roland Näf. Der Kopräsident der Vereinigung ist bei den Gamern ein rotes Tuch, kämpft er doch schon seit Jahren gegen grausame Computerspiele. Im Vorstand der VGMG sitzt ausserdem SP-Nationalrätin Evi Allemann, die im Parlament eine Verbots-Motion eingereicht hat. Jetzt gerät die VGMG jedoch in ein schlechtes Licht. Es gebe Verbindungen zu Personen aus dem früheren Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM), berichtet das deutsche Online-Magazin Telepolis.
Der VPM war eine autoritäre und sektenartige Gruppe, die sich 2002 offiziell aufgelöst hatte. Dies sei jedoch nur aus taktischen Gründen passiert, sagt Hugo Stamm, Sektenexperte und Redaktor beim «Tages-Anzeiger». Die gleichen Leute seien noch immer in verschiedenen Gruppierungen aktiv. «Sie haben einen missionarischen Eifer und meinen, die Welt retten zu müssen», sagt Stamm. Politisch stünden sie extrem rechts, würden aber beispielsweise beim Umweltschutz linke Positionen vertreten. Sowieso sind die VPM-Mitglieder laut Stamm politisch stark aktiv: «Sie suchen sich oft politische Aushängeschilder, die sie vorschieben.»
Zentrale VPM-Figuren sind Gründungsmitglieder
Die Nähe zwischen Näfs VGMG und mehreren VPM-Mitgliedern ist verblüffend. Zu den Gründungsmitgliedern der Anti-Killergames-Vereinigung gehören mindestens zehn Personen aus dem engeren Umfeld des früheren VPM, darunter Rudolf Hänsel und Klaus Rüdiger. Laut Stamm waren das zwei zentrale Figuren des VPM. Hänsel schreibt regelmässig in der Zeitung «Zeit-Fragen», unter anderem über Computerspiele. «Zeit-Fragen» ist laut Stamm das Organ der VPM-Leute. Ein Verwaltungsmitglied der Genossenschaft Zeit-Fragen ist ebenfalls Gründungsmitglied der VGMG.
Klaus Rüdiger schrieb 1991 am Buch «Der VPM - was er wirklich ist» mit und trat laut Medienberichten mehrmals am VPM-nahen Kongress «Mut zur Ethik» auf. Eine weitere aktive Person aus dem VPM-Umfeld ist Willy H. Wahl, ebenfalls Gründungsmitglied der VGMG. Wahl betreibt die Website seniora.org, auf der er den Älteren, die «Hüter der Kultur» seien, eine Plattform geben will. Auf Wahls Website veröffentlicht er auch Artikel zu Gewaltspielen.
Verlinkung auf VPM-Publikationen
Doch die Verbindungen zwischen VGMG und den VPM-Leuten gehen noch weiter. Unter der Rubrik «bewährte Links» der VGMG-Website waren Artikel auf der Online-Ausgabe von «Zeit-Fragen» sowie auf seniora.org verlinkt, wie Telepolis schreibt. Zudem ist ein Artikel von Roland Näf auf zeit-fragen.ch veröffentlicht. «Ich habe diesen Text für eine andere Publikation geschrieben, und wurde angefragt», erklärt Näf gegenüber 20 Minuten Online. Er habe diese Website nicht gekannt. «Aber für mich ist die Publikation in Ordnung. Jeder kann meinen Text wiedergeben.» Die Links auf vgmg.ch hat er inzwischen entfernt.
Die VPM-Leute, die auf der Gründungsliste seiner Vereinigung aufgeführt sind, kenne er nicht näher, sagt Näf gegenüber 20 Minuten Online. «Willy Wahl hat sich mir bei der Gründungsversammlung vorgestellt.» Mit den anderen habe er nur per E-Mail Kontakt gehabt. Von den Beziehungen zum VPM habe er nichts gewusst. «Das interessiert mich auch nicht», sagt Näf. Er könne nicht verhindern, dass eine andere Gruppierung ein politisches Ziel mittrage.
Motion sei aus der Fraktion entstanden
Evi Allemann als VGMG-Vorstandsmitglied distanziert sich von den VPM-Leuten. «Diese Personen sind nicht im Vorstand aktiv und haben keine Argumentationspapiere verfasst.» Vielmehr sei die Vereinigung politisch breit abgestützt. Und auch ihre Motion verteidigt Allemann: «Ich habe mich nicht instrumentalisieren lassen. Der Vorstoss ist in der Fraktion entstanden.» Eingereicht hat Allemann den Vorstoss zwei Tage nach der Gründung der Vereinigung.
Die SP-Politiker Allemann und Näf lassen die Anschuldigungen nicht auf sich sitzen und drehen den Spiess um: «Die Spielindustrie setzt alles daran, um uns zu schaden», sagt Näf. Sie arbeite ähnlich wie früher die Tabakindustrie. Zwar will Näf nicht behaupten, dass hinter dem Artikel auf Telepolis die Game-Industrie steht: «Aber ich vermute es.»
Wie weiter mit dem Game-Verbot?
Nachdem sich der Ständerat für ein Verbot von Killerspielen ausgesprochen hat, muss der Bundesrat nun eine gesetzliche Regelung zur Umsetzung ausarbeiten. Wie diese aussehen könnte, ist noch unklar. Im Interview mit 20 Minuten Online äusserte sich die Motionärin, SP-Nationalrätin Evi Allemann, dazu, wie ihr Vorstoss umgesetzt werden könnte. Ein absolutes Verbot soll nur für rund ein Dutzend von Computerspielen gelten. Bei den übrigen Games soll eine unabhängige nationale Zertifizierungsstelle festlegen, ab welchem Alter das Spiel gekauft werden darf. Allemann erhofft sich von einem Verbot, dass die Game-Industrie längerfristig umdenkt und andere Arten von Computerspielen entwickelt.
Der Präsident der zuständigen ständerätlichen Rechtskommission sprach sich im Vorfeld der Abstimmung gegenüber 20 Minuten Online für eine umfassende Lösung aus. Ein Verbot alleine genüge nicht, sagte Hermann Bürgi. Es brauche insbesondere auch Aufklärung und präventive Massnahmen. (mdr)