Wer bezahlt für die Pass-Beschwerden?

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AbstimmungWer bezahlt für die Pass-Beschwerden?

In den letzten Tagen haben Hunderte Beschwerde gegen das Abstimmungsresultat bei den biometrischen Pässen eingereicht. Die Kosten für deren Bearbeitung können die Kantone den Beschwerdeführern in Rechnung stellen. Dies befürchtet nun die Gruppierung «Geistige Landesverteidigung».

Lukas Mäder
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Lukas Mäder

Eine Welle von Beschwerden hat die Kantone in den letzten Tagen überrollt (20 Minuten Online berichtete). Grund war das knappe Ergebnis der Abstimmung über die biometrischen Pässe. Deshalb forderte die Gruppierung «Geistige Landesverteidigung» eine Neuauszählung der Stimmen und rief deswegen (wie berichtet) auf Facebook auf, in den Kantonen Beschwerden einzureichen — erfolgreich. Jetzt fürchtet die Gruppierung aber die Rache der Kantonsregierungen. Diese können unter bestimmten Umständen die Kosten den Beschwerdenführern überwälzen.

Stadt Luzern will Kosten abwälzen

Grund für diese Befürchtungen ist die Stellungnahme der Stadt Luzern an den Kanton, die 20 Minuten Online vorliegt. Das vom Stadtpräsidenten Urs W. Studer unterzeichnete Schreiben beantragt, dass die Kosten für die Beschwerde den Beschwerdeführern überwälzt werden. Das ist laut Bundesgesetz über die politischen Rechte nicht in jedem Fall möglich: Doch in diesem Fall verstosse die Beschwerde gegen den guten Glauben, da sie «mit völlig aus der Luft gegriffenen Behauptungen und Verunglimpfung der vom Parlament gewählten Mitglieder des Urnenbüros» argumentiere. Stadtpräsident Studer war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Dafür empört sich die Gruppierung Geistige Landesverteidigung in einer Medienmitteilung über den Antrag. Der Stadtpräsident sei beleidigt. «Das

Hinterfragen der Abstimmungsresultate wird als Majestätsbeleidigung empfunden», schreibt die Gruppe. Das gehe in einem demokratischen Rechtsstaat nicht. «In einer Demokratie ist misstrauisch zu sein das Recht — ja sogar die Pflicht — eines jeden Bürgers.»

Idee kursiert auch im Kanton Aargau

Im Kanton Aargau ist laut Geistiger Landesverteidigung ebenfalls ein Antrag gestellt worden, die Kosten zu überwälzen. Das sei jedoch nicht der offizielle Antrag des Rechtdienstes an den Regierungsrat gewesen, betont Informationschefin Christine Stähli gegenüber 20 Minuten Online. «Eine Stellungnahme an den Rechtsdienst hat diesen Vorschlag enthalten.» Doch der Regierungsrat entscheide aufgrund des Offizialantrags des Rechtdienstes. Der Aargauer Regierungsrat wird vermutlich nächste Woche über die acht bisher eingegangen Beschwerden entscheiden.

Wie hoch die Kosten wären, wenn sie denn auf die Beschwerdenführer überwälzt würden, kann Stähli nicht sagen: «Vermutlich hat es einen solchen Fall noch gar nie gegeben.» Beim Kanton Luzern, bei dem rund 250 Beschwerden eingegangen sind, dürfte sich der Aufwand auf mindestens 2000 bis 3000 Franken belaufen. So hoch sind laut Thomas Buchmann vom Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement jeweils die Kosten einer einzelnen Beschwerde beim Regierungsrat. «Das sind aber nie die Vollkosten.» Bei der hohen Zahl von 250 Beschwerden dürften die Kosten höher sein. Da der Gesamtaufwand allerdings auf alle Beschwerdeführer verteilt wird, müsste jeder einzelne trotzdem nicht mehr als 20 bis 40 Franken bezahlen — sofern der Regierungsrat voraussichtlich nächste Woche überhaupt so entscheidet.

Geistige Landesverteidigung

Die Gruppierung Geistige Landesverteidigung ist laut Mitglied Marek Schönfeld kein eingetragener Verein. Die Anzahl ihrer aktiven Mitglieder will Schönfeld nicht bekannt geben. «Wir wollen parteiübergreifend die politische Arbeit so direktdemokratisch wie möglich gestalten», sagt er. Die Gruppierung wolle schützenswerte Eigenschaften der Schweiz wie Neutralität und ihre Eigenheiten als Willensnation verteidigen — gegen links und rechts. Geistige Landesverteidigung bezieht sich auf ihrer Website aber auch auf die Bewegung Infokrieg, auf der Verschwörungstheorien über eine drohende Weltregierung verbreitet werden. (mdr)

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