Biometrische PässeWer will mit Fingerabdrücken Verbrecher jagen?
Die Fingerabdrücke des neuen biometrischen Passes darf die Polizei nicht für die Fahndung verwenden. Das soll sich bald ändern, zitiert der «Sonntag» Politiker. Eine Politikerin dementiert ihre Aussage, ein anderer ist eigentlich ein Gegner der Fingerabdruck-Datenbank.
Die Gegner des biometrischen Passes freuen sich: Politiker wollen die Fingerabdrücke des biometrischen Passes künftig für die polizeiliche Fahndung von Schwerverbrechern nutzen, schreibt die Zeitung «Sonntag». Die Gegner der Abstimmung vom 17. Mai haben diese Befürchtung schon früher geäussert und sehen sich nun in ihrer Vermutung bestätigt, dass die künftige Speicherung von Fingerabdrücken in der bestehenden zentralen Ausweisdatenbank ISA ein weiterer Schritt in Richtung Überwachungsstaat ist.
Fiala dementiert, Miesch ist dagegen
Die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala, vom «Sonntag» als Kronzeugin angeführt, dementiert ihre Aussage. «Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt dafür eingesetzt, die seit 2003 bestehende Passdatenbank ISA für Fahndungszwecke zu verwenden», schreibt sie in einer Mitteilung. Sie wirft der Zeitung vor, nicht autorisierte Zitate verwendet zu haben, um einen reisserischen Beitrag zu konstruieren. «Ich bin empört über dieses journalistische Verhalten», schreibt Fiala. Allerdings stehe sie weiterhin zu ihrer Aussage, dass sie bei einer Güterabwägung zwischen persönlicher Freiheit, Datenschutz und Sicherheit für die Sicherheit votieren würde. «Datenschutz darf nicht zu Täterschutz führen.»
Der Baselbieter SVP-Nationalrat Christian Miesch bleibt bei seiner Haltung, die allerdings widersprüchlich ist: Es sei in Ordnung, die Fingerabdrücke für die Fahndung zu verwenden, wenn sie einmal in einer zentralen Datenbank vorhanden sind. Doch Miesch ist ein Gegner der Vorlage vom 17. Mai. Grund für sein Nein ist insbesondere jene zentrale Datenbank, die er später für die Verbrecherjagd verwenden will. «Natürlich ist meine Aussage Wasser auf die Mühlen der Gegner», sagt Miesch gegenüber 20 Minuten Online. Er habe sie aber nicht aus taktischen Gründen gemacht.
Volk könnte über Gesetzesänderung abstimmen
Für die Verwendung der Fingerabdrücke braucht es eine Gesetzesänderung. Diese dauere in der Schweiz lange, sagte Justitzministerin Eveline Widmer-Schlumpf bereits Ende April in einem Interview mit 20 Minuten Online. «Wenn man zwei Jahre auf eine Gesetzesänderung warten muss, versucht man den Massenmörder auf eine andere Weise zu fassen. Und diese anderen Möglichkeiten gibt es mit Polizeidatenbanken, wo Daten von Verbrechern gespeichert sind.» Zudem käme es wahrscheinlich zu einem Referendum, worüber das Stimmvolk abstimmen könnte. Das betont auch SVP-Nationalrat Maximilian Reimann (AG), der im Komitee für ein Ja zu den biometrischen Pässen sitzt. «Wenn das Schweizer Volk die Fingerabdrücke in der Ausweisdatenbank für die Bekämpfung von Verbrechen verwenden will, habe ich nichts dagegen.» Denn die Sicherheit habe gegenüber dem Datenschutz Vorrang, sagt er und betont: «Aber in der Vorlage vom 17. Mai ist die Fahndung nicht drin.»
Abstimmung über biometrische Ausweise
Am 17. Mai stimmt das Schweizer Volk über die Einführung von biometrischen Ausweisen ab, die im Rahmen des Schengen-Abkommens nötig wird. Ab dem 1. März 2010 darf die Schweiz nur noch Pässe ausstellen, die auf einem Chip neben den Personalien und dem Gesichtsfoto auch zwei Fingerabdrücke gespeichert haben. Bei den Identitätskarten erhält der Bundesrat die Kompetenz, diese ebenfalls mit einem Chip auszustatten. Zudem sollen die Ausweisdaten in einer zentralen Datenbank gespeichert werden, um Fälschungen zu verhindern.
Die Gegner aus linken und rechten Parteien kritisieren die zentrale Datenspeicherung und die mögliche biometrische Identitätskarte, was beides vom Schengen-Recht nicht verlangt wird. Bedenken äussern einige Politiker auch bezüglich Sicherheit der Chips vor Hackerangriffen. Der Bundesrat argumentiert, dass der biometrische Ausweis in Zukunft nötig sein wird für Reisen in die USA und die Schengen-Staaten. Die zentrale Datenbank ermögliche einen wirksamen Schutz gegen Fälschungen. (mdr)