Zebrastreifen-Empfehlung kommt vom Bund

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Politisch überkorrektZebrastreifen-Empfehlung kommt vom Bund

Das Wort «Fussgängerstreifen» ist aus dem Vokabular der Stadtberner Beamten gestrichen. Doch die Vorschläge selbst stammen von höchster Stelle.

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Bern geht künftig über «Zebrastreifen». Was wohl die heimischen Pferde dazu sagen?

Bern geht künftig über «Zebrastreifen». Was wohl die heimischen Pferde dazu sagen?

Für ihren neuen Wurf ernteten die Berner ein bisschen Verständnis und viel Gelächter. Ab sofort müssen sich die Angestellten der Stadtverwaltung an eine geschlechterneutrale Formulierung halten.

Was auf die Berner zukommt, kennt man in der Winterthurer Stadtverwaltung allerdings schon lange. Dort wurde vor über zehn Jahren die politisch korrekte Sprachregelung eingeführt. Seit Juni 2005 liegt die überarbeitete Version vor: «Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frau und Mann.»

Weisung des Stadtrats

Den Fussgängerstreifen mussten die Winterthurer Stadtbeamten und Beamtinnen schon länger aus dem Vokabular verbannen. Auch bei ihnen heisst das politisch korrekte Zauberwort Zebrastreifen. «Es ist eine klare Weisung des Stadtrats, dass die Sprache geschlechtsneutral sein muss», sagt Alice Maltempi vom Büro für Gleichstellung, die für den Leitfaden mitverantwortlich ist.

Die Sprachregelung in Bern und Winterthur geht aber nicht auf Eigenkreationen zurück. Das eifrige Bestreben um politische Korrektheit ist seit 1996 auch in einem nationalen «Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung» verankert. Seit 2009 liegt die vollständig überarbeitete, 192 Seiten starke Auflage vor. Dort sind unter anderen die Beispiele aufgelistet, die aktuell in Bern für Aufregung sorgen. «Zebrastreifen» statt «Fussgängerstreifen», «Team» statt «Mannschaft» oder «Beurteilungsgespräch» statt «Mitarbeitergespräch». Sowohl Bern als auch Winterthur haben für ihren Leitfaden die Bundesempfehlung übernommen.

Frauen können nicht Chef sein

Die geschlechterneutrale Formulierung sollte heute «eine Selbstverständlichkeit» sein, findet Maltempi. «Wenn man nur immer Chef schreibt, vermittelt man das Gefühl, dass es gar keine Frauen in dieser Position geben kann.»

Dass man auch gleich den Fussgängerstreifen streichen muss, ist für Maltempi nachvollziehbar. «Es gibt empfindliche Leute. Ich kann mir gut vorstellen, dass nicht alle Freude an dem Wort haben.» Auch in Winterthur komme es immer wieder vor, dass sich Leute aus der Bevölkerung melden, die sich über eine nicht geschlechterneutrale Formulierung ärgern, sagt Maltempi. «Wir haben pro Monat ein Formular, das nicht geschlechterneutral formuliert ist.» Die Gleichstellungsbeauftragten besprechen den Fehler in diesen Fällen mit der Verfasserin oder dem Verfasser. Weitere Konsequenzen habe dies aber nicht.

«Man muss sich schon etwas daran gewöhnen, aber so kompliziert ist das nicht», gibt Maltempi ihren Berner Amtskolleginnen und Kollegen mit auf den Weg. Von der Notwendigkeit ist sie aber überzeugt. «Die Kulturveränderung ist wichtig, um der Diskriminierung von Männern und Frauen vorzubeugen.»

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