Gegen VerboteRaucher machen sich auf die Beine
Heute demonstrieren in St. Gallen Wirte, Raucher und Sympathisanten für ihr Anliegen: Grosszügigere Ausnahmen für Raucher-Lokale in der Stadt. Die Raucherliga kündigt zudem eine entsprechende Initiative an.
Damit hätte das Volk drei Alternativen. Die beschlossene Regelung, die am 1. Oktober in Kraft tritt, eine liberalere Variante oder ein totales Rauchverbot, wie es die Lungenliga fordert.
Eigentlich hätte alles gut kommen können. So nämlich, wie es die Organisation der Schweizer Gastwirte sich vorgestellt hatte. «Im internationalen Vergleich ist es eine recht liberale Regelung, die wir hier in St. Gallen haben», sagt Josef Müller-Tschirky, Präsident der «Gastro St. Gallen», dem kantonalen Verband für Hotels und Restaurants. Auf den Vorschlägen der Dachorganisation «Gastro Suisse» basiert die St. Galler Lösung ebenso wie die angestrebte gesamtschweizerische, die in Bern zur Zeit verhandelt wird.
Ein Bundesgesetz hätte die kantonalen Regime ausser Kraft gesetzt. «Aber dann haben es die feigen Politiker den Kantonen erlaubt, die eidgenössische Regel zu verschärfen», sagt Müller-Tschirky. Dabei habe man die ganze Aktion gestartet, um im Tourismus-Land Schweiz ein einziges Raucher-Gesetz zu haben und nicht verwirrende 26 unterschiedliche. Eine Sauerei sei das. «Die Politiker haben sich aus der Verantwortung gestohlen», kommentiert er. Und so bleibt die restriktive Initiative der Lungenliga aus Sicht von Müller-Tschirky eine grosse Gefahr für die neue St. Galler Raucher-Ordnung, die am 1. Oktober in Kraft tritt.
Er ist aus abstimmungstaktischen Gründen sogar besorgt über gewisse permissive Entwicklungen im Kanton: «Gemeinden wie Flums, die alle 17 eingereichten Gesuche für eine Raucher-Ausnahme gutgeheissen haben, arbeiten direkt der Lungenliga in die Hände», ist Müller-Tschirky überzeugt.
Die Lungenliga werde in der kommenden Abstimmungsschlacht solche Beispiele sicherlich herauspicken und behaupten, die Gemeindeautonomie werde missbraucht, weshalb ein totales Verbot nötig sei. Die «extrem restriktive Haltung» der Stadt St. Gallen in Bezug auf Raucher-Ausnahmen sei aber auch nicht im Sinne des kantonalen Verbands der Gastwirte.
Initiative als Reaktion auf die Lungenliga
Die Lungenliga hat letzte Woche mit der Unterschriftensammlung begonnen, die ein absolutes Rauchverbot in St. Galler Gaststätten fordert. Das wollte die Raucherliga nicht einfach so hinnehmen, und sie kündigt an der heutigen Demonstration in St. Gallen eine Gegeninitiative an.
«Ein-Raum-Lokale mit 20-40 Plätzen oder einer bestimmten Grösse in Quadratmetern sollen auf Antrag zu einer Ausnahmeregelung kommen», sagt Christian Hostettler, Präsident der Raucherliga, die erst im März diesen Jahres von Stammgästen des Restaurants Melchiori gegründet wurde. Es sei für solche kleinen Lokale entweder räumlich kaum möglich oder wirtschaftlich nicht tragbar, ein Fumoir, ein Raucherabteil, einzurichten. Denn das könne leicht Kosten von 20 000 Franken verursachen, argumentiert Hostettler.
Er glaubt ausserdem, dass ein restriktives Rauchverbot zu einem Quartierbeizen-Sterben führen werde und dass soziale Probleme unausweichlich seien. «Es gibt gerade unter Alleinstehenden viele, die in der Beiz ihr zentrales soziales Umfeld haben», erklärt der Präsident der Raucherliga. Viele seien sich gewohnt, in Beizen Alkohol zu trinken und zu rauchen. Wenn sie dort nicht mehr rauchen können, würden sie auf der Strasse landen.
Kampf der Giganten: Raucher- versus Lungenliga
Hostettler hofft, dass seine Initiative am gleichen Tag wie diejenige der Lungenliga zur Abstimmung kommen wird. «So hätte das Volk eine wirkliche Auswahl», sagt er. «Wir werden uns selbstverständlich dem Volksentscheid beugen», versichert der Präsident der Raucherliga. Aber die jetzt beschlossene sei eine obrigkeitliche Verordnung und die Raucherliga wolle, dass ein so weitreichender Entscheid das Volk fälle.
Ausformuliert ist die angekündigte Initiative der Raucherliga aber nicht, sagt Christian Hostettler gegenüber 20 Minuten Online. Er gibt sich dennoch überzeugt, dass «innert Monatsfrist» ein Text vorliegen werde und dass daraufhin die 6000 nötigen Unterschriften innerhalb von 14 Tagen gesammelt werden können. Die Initiative will er noch in diesem Jahr einreichen. Er hofft auch auf die Unterstützung des Verbands Gastro St. Gallen, der 4500 Mitglieder zählt.
Verbandspräsident Josef Müller-Tschirky ist noch nicht eingeweiht in die Pläne der Raucherliga. Er glaubt aber nicht, dass die Initiative vor dem Volk bestehen würde. «Wir wissen aus anderen Kantonen, wie solche Begehren beurteilt werden», gibt er sich skeptisch. Die Diskussion sei auch hierzulande geprägt vom internationalen Megatrend hin zu Rauchverboten.
Dennoch ist er nicht dagegen, wenn seine Mitglieder Unterschriften-Bögen für die kommende Initiative der Raucherliga in ihren Lokalen auflegen. Als Verband hätten sie aber eigene Vorschläge eingebracht, die sie verfolgen müssten. Die Gastro St. Gallen werde sich voraussichtlich neutral verhalten gegenüber der Raucherliga-Initiative.
Raucherdemo in St. Gallen
«Rauchverbot in Restaurants, das stinkt uns!», sagt die Raucherliga und ruft heute zu einer Demo in St. Gallen auf. Gäste von Raucherbeizen versammeln sich um 18.30 Uhr beim St. Leonhardspärkli, um dann mit einem Marsch durch St. Gallen um den Fortbestand ihrer Quartierbeizen als Treffpunkte zu demonstrieren. Sie rechnet mit 300 bis 500 Demonstranten.