Rentenalter 65«Dieser Entscheid ist eine Ohrfeige für alle Frauen»
Der Bundesrats-Vorschlag, das Rentenalter für Frauen auf 65 zu erhöhen, sorgt für heftige Reaktionen. Linke und Frauenrechtlerinnen halten ihn für eine «Frechheit».

Doris Bianchi, Zentralsekretaerin des Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB, hält wenig von den Plänen des Bundesrats.
Der Vorschlag zur Revision der Altersvorsorge des Bundesrates wird nicht überall gern gesehen. Linke und Gewerkschaften widersprechen vor allem der Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65.
Doris Bianchi, Zentralsekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds SGB, sagt: «Dieser Entscheid ist eine Ohrfeige für alle Frauen.» Deren Altersrenten seien ohnehin schon tiefer als die der Männer. «Die Kombination schlechte Altersrenten – höheres Rentenalter ist eine Frechheit.»
Schwierig sei dabei, dass die Frauen über 60 besonders stark von ihrem sozialen Umfeld gebraucht würden. Dabei sei die Entlastung durch die AHV dringend nötig. «Frauen brauchen ein tieferes Rentenalter, weil sie viele Betreuungsaufgaben wahrnehmen müssen, etwa die Enkelkinder hüten oder die betagten Eltern betreuen.» Durch den Vorschlag des Bundesrats würden nur Kosten auf dem Buckel der Frauen gespart.
«Wir können solche Ideen nicht akzeptieren»
Nicht einverstanden mit dem Vorschlag ist auch Yvonne Feri, die Präsidentin der SP-Frauen Schweiz. Sie sagt: «Solange Lohngleichheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Schweiz noch nicht gewährleistet sind, können wir solche Ideen nicht akzeptieren.»
Ziel sei es nun, die Frauen gegen den Vorschlag zu mobilisieren. «Wir werden am 7. März in Bern gegen die Lohnungleichheit demonstrieren. Ein wichtiger Punkt wird dort auch das Rentenalter sein.» Schlussendlich müsse dann aber sowieso das Volk über die Vorschläge entscheiden.
«Wir sind bereit, diesen Vorschlag zu akzeptieren, aber nur, wenn endlich Lohngleichheit besteht», sagt Maya Graf, Nationalratspräsidentin und frisch gewählte Co-Präsidentin des Frauenverbandes alliance f. «So lange das nicht erfüllt ist, haben Frauen schon beim Eintritt in die Berufswelt schlechtere Karten», sagt sie und kündigt für das nächste Jahr eine umfangreiche Debatte zu dem Thema an. «Dieses Problem muss jetzt endlich gelöst werden.»
«Die vorgeschlagene Angleichung ist absolut notwendig»
Eine andere Meinung hat Martin Kaiser, Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes. «Die vorgeschlagene Angleichung ist absolut notwendig», sagt er. Mittelfristig klaffe ein riesiges Loch in der AHV-Kasse. «Im Hinblick auf die Lebenserwartung der Frauen, die deutlich höher ist als die der Männer, muss unbedingt etwas getan werden.»
Die SVP hingegen kritisiert den Vorschlag aus einem anderen Grund: «Das Departement von Bundesrat Berset führt eine ideologisch geprägte Umverteilung zu Lasten der Aktiven und Jungen weiter. Sich auftürmende Schulden und in der Folge massive Steuererhöhungen zulasten von Bürgern und Wirtschaft werden die Folge sein», schreibt die Partei in einer Medienmitteilung.