Arme Böden – reiches Land

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BodenschätzeArme Böden – reiches Land

Die reiche Schweiz ist arm an Ressourcen. So bekannt ist diese Tatsache, dass die Bodenschätze unseres Landes oft komplett vergessen werden – nicht immer zu Recht.

Daniel Huber
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Daniel Huber

Der Fluch der Ressourcen ist ein bekanntes Phänomen: Länder wie Nigeria oder Kongo, die über reiche Bodenschätze verfügen und trotzdem in Elend und Chaos versinken, sind traurige Beispiele für das Paradox des Überflusses. Die reiche Schweiz bestätigt die Regel im Umkehrschluss: Unser Land, eines der wohlhabendsten und stabilsten der Welt, verfügt nur über unbedeutende Bodenschätze.

Schon die Helvetier suchten am Napf nach Gold. Doch die Goldwäscher haben seit langem aufgegeben; die Suche nach dem Edelmetall ist heute nur noch ein Freizeitvergnügen. In den Torfmooren im Jura wird kaum noch Torf abgebaut; und was die Holzwirtschaft betrifft, so kostet der Unterhalt der Wälder tendenziell mehr, als der Erlös für das Holz einbringt. Mangelnde Rentabilität war denn auch in aller Regel der Grund für das Aus bei der Ausbeutung der heimischen Bodenschätze.

Erdgas

So verhielt es sich auch mit dem bisher einzigen kommerziell ausgebeuteten Erdgasvorkommen der Schweiz, das von 1985 bis 1994 in Finsterwald im Kanton Luzern ausgebeutet wurde. Aus einer Tiefe von 5289 Metern wurden dort insgesamt 74 Millionen Kubikmeter Erdgas (rund 3 Prozent des schweizerischen Jahresverbrauchs) gefördert. Der Druck sank jedoch bald ab; 1994 war die Lagerstätte erschöpft. Die Gasförderung in Finsterwald war nicht rentabel; am Schluss blieb ein Verlust von 27 Millionen Franken.

Nachdem das Nationale Forschungsprogramm 20 (NFP) anfang der Neunzigerjahre bisher unbekannte Gesteinsdecken fand, in denen Erdgas vorkommen könnte, lancierten verschiedene Unternehmen neue Bohrprojekte. So wird die Firma Petrosvibri im November 2009 unter dem Genfersee mit der Suche nach Erdgas und Erdöl beginnen. Die Verantwortlichen vermuten drei Kilometer unter dem Lac Leman grössere Gasvorkommen. Auch Erdölvorkommen werden nicht ausgeschlossen. Allerdings beziffern die Verantwortlichen gemäss SDA die Wahrscheinlichkeit, ausreichende Vorkommen zu stossen, nur auf 15 Prozent.

Kohle

Mangelnde Rentabilität – vor allem aufgrund billiger Importe – bedeutete auch das Aus für die Gewinnung anderer Bodenschätze: Der Kohleabbau hörte zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahezu auf und wurde nur in den Kriegsjahren wieder aufgenommen. Im zerfurchten Relief der Alpen und Voralpen fanden sich zwar rentable, aber durch die geologische Fragmentierung schnell erschöpfte Flöze. Nur selten, zum Beispiel in Käpfnach (ZH), erreichten die Vorkommen eine Dicke von 30 bis 50 Zentimetern. Während des Zweiten Weltkriegs erlebte der Kohlebergbau zum letzen Mal eine kurze Blüte; im Wallis wurden von 1942 bis 1945 380 000 Tonnen Anthrazit gefördert; zehn reaktivierte Minen zwischen Paudex und Oron lieferten 95 000 Tonnen Kohle. Die Gesamtförderung der 52 schweizerischen Minen deckte 1943 knapp 30 Prozent des Kohlebedarfs.

Asphalt

Asphalt wurde bis 1986 im Val de Travers abgebaut, wo das einzige bedeutende Vorkommen der Schweiz liegt. Es wurde mehr als 250 Jahre lang ausgebeutet; ab 1873 auch unter Tag. Zeitweise wurde der Asphalt ganz Europa und in die Vereinigten Staaten exportiert. Heute dient die Mine nur noch touristischen Zwecken; sie kann zum Teil besichtigt werden.

Eisen

Die Eisengewinnung, die hier seit der Antike heimisch war, hörte ebenfalls im 20. Jahrhundert auf. Zuvor waren an den verschiedensten Stellen unterschiedliche Eisenerze abgebaut worden: Magnetit im Wallis, Hämatit in Gonzen (SG), Bohnerz und Pisolith im Jura und in Schaffhausen, Oolith im Fricktal und Eisenchlorit sowie Chamosit in Chamoson (VS).

Schiefer

Traditionell wurde das leicht spaltbare Gestein an zahlreichen Stellen in den Alpen und Voralpen im Tagbau ausgebeutet. Überregionale Bedeutung erlangten dabei reiche Schiefervorkommen im Kanton Bern (Frutigen), Glarus (Sernftal) und im Wallis (Sembrancher und andere Orte). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts stagnierte aber der Absatz und bis Ende der Siebzigerjahre wurden die meisten Schieferminen geschlossen. Heute wird in einem der letzten aktiven Bergwerke bei St. Niklaus noch Quarzitschiefer abgebaut.

Salz

Bereits im 16. Jahrhundert begann der Salzbergbau im damals bernisch beherrschten Bex. Das Salz stammt aus einem Ur-Meer, das vor 200 Millionen Jahren weite Teile der heutigen Schweiz bedeckte und beim Verdunsten mächtige Salzschichten zurückliess, die den gesamten Bedarf der Schweiz noch auf Jahrhunderte zu decken vermögen. Seit 1837 wird das weisse Gold in Schweizerhalle (eigentlich: Schweizerhall; «Hall» bedeutet Salz) abgebaut. Heute gewinnen die Schweizer Rheinsalinen in Schweizerhalle und Riburg (AG) pro Jahr 400 000 bis 500 000 Tonnen Salz.

Uran

Von Mitte der Sechzigerjahre an bis 1982 suchten die Alusuisse und die Westschweizer Energiegesellschaft EOS im Wallis nach Uran. Die Walliser Minen konnten jedoch nicht mit dem Weltmarkt konkurrieren. Mit der zunehmenden Verteuerung des nuklearen Brennstoffs könnte sich dies ändern: Immerhin hat die kanadische Firma Aurovallis kürzlich von der Walliser Regierung die Bewilligung erhalten, bei Martigny und Salvan-Les Marécottes nach Uran zu suchen.

Kalk

Mit der zunehmenden Bautätigkeit seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert erlebte der Bereich Steine und Erden (Kies, Sand, Kalk, Gips) einen nachhaltigen Aufschwung. Kalk für die Zementherstellung wird im Jura, im Rhône- und im Alpenrheintal abgebaut.

(Quelle: Historisches Lexikon der Schweiz)

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