Blocher will wieder antreten
Christoph Blocher hat sich nach seiner Nichtwiederwahl in den Bundesrat in Schweigen gehüllt. Dafür äussert sich sein Sprecher: Blocher gibt nicht auf. Unterdessen hat sich SVP-Präsident Ueli Maurer vom wiedergewählten Samuel Schmid distanziert: Er sei ab sofort ein Bundesrat ohne Fraktion.
Der Volkstribun verbrachte den Sitzungsunterbruch im Parlament zusammen mit der SVP-Fraktion im Bundeshaus-Saal 87. Nach Ende der Sitzung verliess Blocher schweigend den Raum.
Bundesrat Christoph Blocher will wieder zur Wahl antreten, sollte die Bündner SVP-Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf die Wahl ablehnen. Das erklärte sein Sprecher Livio Zanolari auf Anfrage. Vor Donnerstag werde Blocher keine weiteren Auskünfte geben.
Ob definitiv oder nicht: Zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren hat das Parlament am Mittwoch ein erneut kandidierendes Regierungsmitglied «abgewählt». Die beiden einzigen andern Fälle in der Geschichte des Bundesstaates liegen bereits 135 und 153 Jahre zurück.
Anders als die im Dezember 2003 von ihm verdrängte Christlichdemokratin Ruth Metzler wurde Blocher nicht das Opfer einer kräftemässigen Verschiebung im Parlament. Die Abwahl galt klar der polarisierenden Persönlichkeit des Justizministers und dessen Politik.
Seit 1919 wurden mit Ausnahme von Metzler und Blocher jeweils alle wieder kandidierenden Mitglieder des Bundesrates schon im ersten Wahlgang bestätigt. Zwischen 1851 und 1881 gab es hingegen mehrere Versuche, Bundesräte in die Wüste zu schicken. Nicht wiedergewählt wurden in der 159-jährigen Geschichte des Bundesstaates aber nur zwei weitere Magistraten.
1854 traf es einen der ersten Sieben, nämlich den Berner Ulrich Ochsenbein. Der nach rechts gerutschte ehemalige Freischarenführer wurde das Opfer von freisinnigen Flügelkämpfen. 1872 wurde der Genfer Jean-Jacques Challet-Venel nicht wiedergewählt, weil er als eingefleischter Föderalist die zentralistische Verfassungsrevision bekämpfte.
Wie geht es weiter?
Lehnt Widmer-Schlumpf die Wahl ab, wird die SVP noch einmal mit Christoph Blocher antreten. Ist dies der Fall, müssten die Blocher-Gegner einen neuen Kandidaten aus der SVP portieren. Doch wer von der SVP würde gegen Blocher antreten, nachdem eine gewählte Bundesrätin eingeknickt ist. Möglich ist auch, dass dann die CVP einen Kandidaten gegen Blocher aufstellen wird.
Nimmt Eveline Widmer-Schlumpf jedoch die Wahl an, geht die SVP in die Opposition. Weder Widmer-Schlumpf noch der gewählte Samuel Schmid wären dann Mitglied der SVP-Fraktion. Parteipräsident Ueli Maurer hat bereits Samuel Schmid aus der Fraktion verbannt. Schmid liess sich vereidigen, nachdem Blocher die Wiederwahl nicht geschafft hatte. Damit hat der Verteidigungsminister offensichtlich gegen die Parteidoktrin verstossen.
Ob Widmer-Schlumpf oder Samuel Schmid ohne Fraktionszugehörigkeit in der Regierung einsitzen werden, ist demnach ebenso offen, wie die Frage, ob sich eine eigene Fraktion aus abtrünnigen SVPlern bilden wird.