ErektionsstörungJunge Männer versagen im Bett – weil sie zu nett sind
Männer zwischen 20 und 30 leiden zunehmend an Unlust und Erektionsstörungen – auch weil sie «weiblich sozialisiert» wurden.

«Der Mann muss die Frau nehmen und in sie eindringen wollen. Das ist mit sexueller Selbstsicherheit verbunden. Es gibt aber Männer, die das aus lauter Nettigkeit nicht können. Sie befürchten, der Frau weh zu tun und Grenzen zu überschreiten», sagt Martin Bachmann vom Zürcher Männerbüro. Er glaubt, dass vor allem Männer, die zu extremer Freundlichkeit erzogen wurden, Probleme im Bett haben können.
Tom will. Eigentlich. Aber es klappt nicht. Er liegt mit seiner Freundin im Bett und sie gibt sich sichtlich Mühe, ihn auf Hochtouren zu bringen. Aussichtslos. Es rührt sich nichts. Dabei ist Tom nicht 70, sondern gerade mal 25 Jahre alt. Umso mehr verunsichert es ihn, dass ausgerechnet er ein Problem haben soll.
«Die jungen Männer von heute machen mir etwas Sorgen», sagt die Fachfrau im «Migros-Magazin». Sie müssten heute viel mehr Aufgaben übernehmen als früher. Sie wollten Karriere machen, die Kinder betreuen, Hausmänner und gute Liebhaber sein. Da kämen manche an ihre Grenzen. Schütz glaubt auch, dass die Männer stark weiblich sozialisiert worden sind: «Männer haben gelernt beim Pinkeln zu sitzen, Rücksicht zu nehmen, Einfühlkompetenz und Gesprächsbereitschaft zu entwickeln. Darunter aber leidet die verführerische Rolle des Mannes.» Wenn der Mann die Frau frage ob sie denn auch Lust auf Sex habe, anstatt sie aktiv zu verführen, dann sei die Stimmung schnell dahin. «Eine Frau wünscht sich schlussendlich doch, dass ihr Mann aktiv ist und sie will.» Den Anforderungen der Frauen gerecht zu werden sei nicht einfach: «Männer müssen gute Väter sein und gleichzeitig gute Liebhaber.» Schütz ruft Männer dazu auf ihre Rolle neu zu überdenken: «Habt Mut und seid selbstbewusst!»
«Sehr verständnisvolle Männer sind gehemmt»
Paar- und Sexualberater Bruno Wermuth führt aus: «Männer werden heute dazu erzogen, in ihren Beziehungen zu Frauen möglichst keine Aggressionen zu zeigen. Dies führt bei manchen zu Verunsicherungen.» Ausserdem würden sich junge Männer auch vermehrt trauen, zu ihrer Lustlosigkeit zu stehen und sie anzusprechen.
Martin Bachmann, der für das Zürcher Männerbüro sexologische Beratungen durchführt, bestätigt das Phänomen. Er glaubt, dass vor allem Männer, die zu extremer Freundlichkeit erzogen wurden, Probleme im Bett haben können: «Der Mann muss die Frau nehmen und in sie eindringen wollen. Das ist mit sexueller Selbstsicherheit verbunden. Es gibt aber Männer, die das aus lauter Nettigkeit nicht können. Sie befürchten, der Frau weh zu tun und Grenzen zu überschreiten.» Gerade äusserst verständnisvolle und einfühlsame Männer hätten Hemmungen, die Partnerin zu penetrieren.
Auch würden viele Männer in einem Haushalt aufwachsen, in dem Sex nicht als etwas Schönes, Lustvolles vermittelt werde. «Es wird vor Schwangerschaften gewarnt, der Bund warnt mit grossen Kampagnen vor Geschlechtskrankheiten und sexueller Gewalt. Dass Sex grundsätzlich ein kostbares Geschenk ist, wird ignoriert», sagt Bachmann. Dies wirke sich negativ auf das Sexleben aus.
Zahlreiche betroffene junge Männer finden den Weg auch in die Praxis der Sexualtherapeutin Gabriela Kirschbaum. «Viele glauben, dass es immer die Männer sind, die mehr Lust haben. Doch dieser Eindruck täuscht», sagt Kirschbaum. Erst kürzlich hatte sie einen betroffenen Mann in der Praxis. «Dieser war von seiner Freundin über einen längeren Zeitraum abgewiesen worden. Und jetzt, wo sie ihr Sexleben wieder beleben wollte, konnte er nicht mehr.»
Brav und nett statt aggressiv
Kirschbaum beobachtet, dass Männer sich immer weniger getrauen, ihre Ecken und Kanten zu zeigen. «Ihre Partnerinnen ermuntern sie nicht dazu. Im Gegenteil.» So getrauten sich Männer nicht mehr zu sagen, worauf sie keine Lust hätten oder wenn sie sich unwohl oder nicht verstanden fühlten. «Die Männer wurden dahingehend sozialisiert, dass sie extrem anpassungsfähig sind.» Bereits zu Hause und in der Schule würden sie lernen, dass es besser sei, brav zu sein und nicht aggressiv aufzutreten. Damit die betroffenen Männer ihr Problem überwinden könnten, ermuntert sie Kirschbaum, diese Muster zu durchbrechen: «Die Männer müssen lernen, sich so zu akzeptieren, wie sie sind und sich auch so zu verhalten.»
Liessen sich Männer mit Erektionsproblemen nicht behandeln, könne sich das extrem auf das Selbstwertgefühl des Mannes niederschlagen. «Sie fühlen sich in ihrer Männlichkeit gekränkt und schämen sich.» Die Angst bewirke nächste Erektionsschwierigkeiten. Die Heilungschancen seien aber dank einer Therapie gross, sagt Kirschbaum.
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