Keine Schweizer Qualität bei Schweizer Sperma
Um die Fruchtbarkeit bei jungen Schweizer Männern scheint es nicht sehr gut zu stehen. Bei mehr als der Hälfte von 800 untersuchten Stellungspflichtigen lag die Spermienqualität unter der internationalen Norm. Die Forscher tappen im Dunkeln.
Eine Studie im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Hormonaktive Stoffe» will 3.000 junge Männer auf ihre Fruchtbarkeit testen. Rund zweieinhalb Jahre, nachdem über das Projekt informiert wurde, sind nun erste Teilresultate bekannt. Und diese fielen überraschend schlecht aus. Denn bei jedem zweiten Stellungspflichtigen lag einer der untersuchten Werte wie etwa Anzahl, Beweglichkeit oder Geschwindigkeit der Spermien unter dem Vergleichswert der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Michel Crausaz, Leiter der Studie von der Fondation FABER in Lausanne, hatte mit einem weitaus besseren Resultat gerechnet, wie er in der Sendung «Rendez-vous» von Schweizer Radio DRS vom Mittwoch sagte. Er und seine Kollegen stehen vor einem Rätsel: «Im Moment ist es absolut unmöglich, eine Erklärung dafür zu abzugeben», räumte Crausaz ein.
Auch lässt sich derzeit noch kaum sagen, was die Ergebnisse genau bedeuten. Wer aber die WHO-Normen nicht erfüllt, muss mit seiner Partnerin wohl zumindest mehr Geduld haben, um sich den Kinderwunsch zu erfüllen. Laut Crausaz dauert es statt einem oder zwei Monaten vielleicht ein Jahr, bis es zu einer Schwangerschaft kommt.
Die Untersuchungen wurden in den Westschweizer Kantonen gestartet und laufen derzeit in der Ostschweiz, wie Divisionär Gianpiero Lupi, Oberfeldarzt der Armee, auf Anfrage der AP sagte. Ziel sei es, am Ende Daten aus der ganzen Schweiz auswerten zu können. Je nach Region machten laut Lupi bisher fünf bis zehn Prozent der Stellungspflichtigen mit. Gerechnet habe man mit etwa zehn Prozent.
Die Studie, die in Zusammenarbeit einer Lausanner Forschungsgruppe mit dem Schweizerischen Nationalfonds und der Schweizer Armee durchgeführt wird, soll erstmals ein umfassendes Bild über die geografische Verteilung der Spermienqualität in der Schweiz geben und Umwelteinflüssen auf die Spur kommen. Denn verschiedene Beobachtungen deuten, wie es bei der Information zum Projekt im Juli 2005 hiess, darauf hin, dass hormonaktive Substanzen aus der Umwelt Einfluss auf die männlichen Keimzellen nehmen und die Samenbildung stören. Zudem weise die Schweiz gemeinsam mit Dänemark das höchste Vorkommen an Hodenkrebs in Europa auf.
Wer sich zur freiwilligen und anonymen Teilnahme an der Studie entschlossen hat, begibt sich unmittelbar nach der Rekrutierung individuell in ein Spital oder in eine private Arztpraxis, wo er dem Forschungsteam im geschützten Raum eine Urin-, eine Blut- sowie eine Spermaprobe abgibt und von einem Arzt kurz urologisch untersucht wird. (dapd)