Jugend in der SchweizStrenge Strafen fördern Disziplinlosigkeit
Der Bericht zu «Kindheit und Jugend in der Schweiz» wartet mit überraschenden Erkenntnissen auf: Kinder aus autoritären Haushalten kiffen und rauchen mehr als ihre Altersgenossen. Auch haben sie verstärkt Selbstmordgedanken.
Der Erziehungsstil und die Herkunft der Eltern sind in der Schweiz laut einer Studie für das spätere Gelingen des Lebens entscheidend. Dies geht aus dem am Dienstag in Bern vorgestellten Bericht des Nationalen Forschungsprogramms (NFP 52) hervor. Gefordert wird mehr Chancengleichheit für die Kinder.
Deutlich nachgewiesen sei laut der Studie, dass ein Erziehungsstil, bei dem Bestrafungen und Sanktionen vorkommen, nicht zum gewünschten Ergebnis führe. Als positiv beurteilt wird hingegen ein Stil, der sich durch hohe emotionale und kognitive Qualität auszeichnet, die Entdeckung neuer Lebenswelten unterstützt und die Kinder an Entscheidungen teilhaben lässt, was in der Schweiz bei rund 44 Prozent der Sechsjährigen und rund 20 Prozent der 15-Jährigen jedoch nicht der Fall sei.
Sogar als gesundheitsgefährdend betrachtet werden gleichgültige und fordernde, aber nicht fördernde, Erziehungsstile. Kinder und Jugendliche, die mit einem derartigen autoritären Stil erzogen werden, würden vermehrt Cannabis und Tabak konsumieren und sich öfters mit Suizidgedanken auseinandersetzen, hiess es. Besonders betroffen seien Mädchen und junge Frauen.
Gleichwohl tragen die Eltern nicht alleine die moralische Verantwortung für das Wohl der Kinder, wie die Forscher schreiben. Bildungshintergrund, Einkommens- und Wohnverhältnisse der Familie sowie die Arbeitsteilung unter den Eltern prägen die Erziehungsstile massgebend mit. Die Politiker seien daher dafür verantwortlich, für mehr Chancengleichheit zu sorgen; denn Kinder aus bildungsfernen und armen Haushalten hätten nach wie vor schlechtere Zukunftschancen.
Mit den Resultaten aus dem Bericht wollen die Forscher politischen Entscheidungsträgern Informationen und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Schweizer Kinder- und Jugendpolitik liefern. Im Bericht wurden Ergebnisse aus 29 Projekten zusammengefasst und mit demographischen Analysen der Volkszählungen und Sozialberichterstattungen ergänzt. Für das gesamte Projekt hatte der Bundesrat einen Rahmenkredit von zwölf Millionen Franken zugesprochen. (dapd)