Die Mühen des Vatikans mit Galileo Galilei

Aktualisiert

Jahr der AstronomieDie Mühen des Vatikans mit Galileo Galilei

Im UNO-Jahr der Astronomie ehrt der Vatikan das berühmteste Opfer der Inquisition. Galileo Galilei soll zum Schutzpatron des Dialogs zwischen Wissenschaft und Glaube werden. Verheilt sind die Wunden aber noch nicht.

Peter Blunschi
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Peter Blunschi

1608 wurde in Holland das erste Fernrohr gebaut. Im folgenden Jahr blickte der Florentiner Astronom und Mathematiker Galileo Galilei als einer der ersten Menschen durch die neue Erfindung an den nächtlichen Himmel. Was er sah, bestätigte das mehr als ein halbes Jahrhundert zuvor von Nikolaus Kopernikus beschriebene Weltbild: Die Erde befand sich nicht im Zentrum des Universums, sie drehte sich um die Sonne. Zur Erinnerung an Galileos erste Himmelsbeobachtung hat die UNO 2009 zum Jahr der Astronomie erklärt.

Der Vatikan will nicht abseits stehen. Denn Galileo war nach der Publikation seiner Erkenntnisse in die Mühlen der Inquisition geraten, die am überkommenen Weltbild festhielt. Um einer Verurteilung wegen Ketzerei und dem Tod auf dem Scheiterhaufen zu entgehen, widerrief Galileo 1633 seine Theorie. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, die später in Hausarrest umgewandelt wurde. Dass er beim Verlassen des Gerichts mit Bezug auf die Erde «und sie bewegt sich doch» gemurmelt haben soll, ist allerdings eine Legende.

Von Johannes Paul II. rehabilitiert

Mit der Zeit konnte sich auch die katholische Kirche der Tatsache nicht entziehen, dass Galileo Galilei recht hatte. 1992 wurde er von Papst Johannes Paul II. rehabilitiert. Seine Verurteilung sei ein Fehler gewesen, die Folge eines «tragischen gegenseitigen Unverständnisses». Nachfolger Benedikt XVI. äusserte sich kurz vor Weihnachten ebenfalls lobend über den Astronomie-Pionier. Er und andere Wissenschaftler hätten den Gläubigen geholfen, «das Werk des Herrn besser zu verstehen.»

Damit nicht genug: Im Mai werden Vertreter des Vatikans an einer internationalen Konferenz zum Fall Galileo Galilei teilnehmen. An einer eigenen Tagung im November zum Thema «Wissenschaft 400 Jahre nach Galileo Galilei» rühmte Kardinal Tarcisio Bertone, die Nummer zwei im Kirchenstaat, den Astronomen als «Mann des Glaubens, der die Natur als ein von Gott geschriebenes Buch betrachtete». Erzbischof Gianfranco Ravasi, Leiter des päpstlichen Kulturrats, sagte auf Radio Vatikan, Galileo könnte «der ideale Schutzpatron für den Dialog zwischen Wissenschaft und Glaube sein».

Keine Statue in den Gärten

Allerdings hat die Ehrung des einstigen Inquisitions-Opfers Grenzen. Letztes Jahr wurde die Errichtung einer lebensgrossen Galileo-Statue in den Vatikanischen Gärten angekündigt. Daraus wird nun nichts, berichteten italienische Medien und äusserten die Vermutung, viele täten sich immer noch schwer mit dem Fall. «Der dramatische Zusammenprall zwischen Galileo und einigen Kirchenleuten hat Wunden geöffnet, die noch heute offen sind», schrieb Pater José Funes, der Chefastronom im Vatikan, in der Zeitung «L'Osservatore Romano».

Dazu passt, dass Erzbischof Ravasi an besagtem Kongress im November betonte, Galileo Galilei sei gar nie rechtskräftig verurteilt worden. Der damalige Papst Urban VIII. habe die entsprechenden Dokumente nicht unterzeichnet. Die Kirche wolle die Prozessakten «bald umfassend veröffentlichen», kündigte Ravasi an.

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