Hund pinkelt - Kiöskler dreht durch

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Hund pinkelt - Kiöskler dreht durch

Pinkelnder Hund, rabiater Kioskbesitzer, uringetränkter Lappen als Wurfgeschoss, Ohrfeigen, dass es Zahnspangen verbiegt und ein «matchentscheidender» Lollipop: Die Posse, die sich in Dietikon zutrug und heute vor Gericht verhandelt wurde, gereicht jedem Drehbuch-Autor zur Ehre.

Alles ging auf einen kleinen Hund einer 15-jährigen Schülerin aus Dietikon zurück. Fest steht, dass die junge Italienerin mit ihrem Vierbeiner an einem Nachmittag den Kiosk des Angeklagten in Dietikon aufsuchte. Der heute 69-jährige Kioskbesitzer bemerkte dabei, wie das Tier der Kundin plötzlich auf den Boden seiner Ladenfläche urinierte.

Heftige Ohrfeige mit Folgen

Die junge Hundehalterin bat um einen Lappen, um die Lache aufzuwischen. Der aufgebrachte Schweizer Kioskleiter kam dem Wunsch nach, weigerte sich aber in der Folge, den Lumpen zurückzunehmen. Stattdessen warf er den nassen Lappen der unerwünschten Kundin an den Rücken und versetzte ihr laut Anklage eine so heftige Ohrfeige, dass ihre Zahnspange verbogen wurde. Das Mädchen ging nach Haus und erzählte alles seiner um fünf Jahre älteren Schwester, die sich mit ihrem Freund sogleich zum Tatort begab.

Wilde Schlägerei im Kiosk

Fest steht, dass es kurz darauf im Kiosk zu einer wilden Schlägerei kam. Dabei legte sich der rüstige Kioskbetreiber mit der halben Familien der Schülerin an. So packte er die Schwester der Schülerin mit einer Hand am Hals und warf sie auf die Verkaufstheke. Dann schlug er ihr mit der Faust dreimal gegen ihren Hals. Worauf auch ihr 25-jähriger Freund an die Reihe kam. Der pensionierte Maurer ergriff diesen am Hosenbund und warf ihn gegen ein Gestell. Als der geschädigte Italiener am Boden lag, trat der Angeklagte ihn in die Hüfte und versetzte ihm mehrere Faustschläge gegen das Auge.

Zweikampf mit Vater durch „Lolipop" entschieden

In einer letzten Phase tauchte auch der heute 49-jährige Vater der Familie auf. Nachdem er von seinen verletzten Kindern erfahren hatte, ging er wie ein Berserker auf den Kioskleiter los. Es folgte ein erbittert geführter Zweikampf, wobei es dem Angeklagten zunächst gelang, seinen Gegner in den Schwitzkasten zu nehmen. Er versuchte, diesem mit zwei Fingern in die Augen zu stechen. Doch dann rutschte der Schweizer auf einem Lollipop aus und fiel auf den Boden. Worauf der Vater den Angeklagten mit einem Fusstritt gegen den Kieferknochen bewusstlos schlug. Da sich kurz danach ein beherzter Kunde einmischte und sich vor den ohnmächtigen Kioskbetreiber stellte, wurde schlimmeres verhindert.

Schuldspruch gegen Kioskbetreiber rechtskräftig

Der Vorfall vom April 2004 zog rechtliche Folgen nach sich. So auch ein Strafverfahren, das sich einerseits gegen den Kioskleiter richtete. Andererseits gegen den italienischen Familienvater, der wegen seines Racheangriffs eine bedingte Gefängnisstrafe von 60 Tagen kassierte. Die gleiche Sanktion erhielt nun auch der Kioskbetreiber, wie am Donnerstag das Zürcher Obergericht bekannt gab. Der Angeschuldigte wurde zwar von der Ohrfeige gegen die Schülerin entlastet. Ebenso - aus Notwehrgründen - von den Übergriffen zulasten des Vaters. Andererseits wurde er jedoch für die weiteren Attacken gegen die Schwester und deren Freund wegen mehrfacher Körperverletzung zu einer bedingten Gefängnisstrafe von zwei Monaten verurteilt. Diesen Entscheid hatte bereits das Bezirksgericht Zürich gefällt. Der Verurteilte hatte dagegen Berufung eingelegt. Wobei er am Donnerstag vor dem Berufungsprozess am Obergericht das erstinstanzliche Urteil doch noch akzeptierte. Die Gründe für den unerwarteten Rückzug sind nicht bekannt.

Attila Szenogrady

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