Prostitution in ZürichGesucht: Ein neuer Sihlquai
Die Stadt Zürich hat ihr Massnahmenpaket zur Verbesserung der Prostitution vorgestellt: Die Umsetzung beginnt mit einer neuen Gesetzesgrundlage und der schwierigen Suche nach einem Standort.
Daniel Leupi (Grüne) kehrte vergangenes Wochenende aus Köln und Essen zurück. Angeschaut hat sich der Polizeivorstand nicht etwa den Kölner Dom, sondern den Strassenstrich der beiden Städte. Sie dienen der Stadt Zürich als Vorbild für die Neuplanung und –regelung des Strassenstrichs. Doch noch sind viele Fragen offen.
Wo der neue Strich entstehen und wie er aussehen soll, wird frühestens im nächsten Jahr konkret, sagt Reto Casanova, Sprecher des Polizeidepartements. Bis dahin bleibt der Strassenstrich am Sihlquai. Die verschiedenen involvierten Stellen erarbeiten derzeit aufgrund der Erkenntnisse aus Köln, Essen und anderen europäischen Städten ein Projekt. Konkret soll ein Entwurf für eine neue Prostitutionsgewerbeverordnung bis Ende Jahr entstehen. Sie soll die gesetzliche Grundlage für die weiteren Pläne sein. Was sie beinhalten wird, ist noch nicht definiert und könnte sich nach der Vernehmlassung auch komplett ändern, betont Casanova. Im Kern soll sie den Schutz «der Bevölkerung vor Immissionen sowie die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleisten». Zudem sollen die Prostituierten besser vor Gewalt und Ausbeutung geschützt werden.
«In Zürich gibt es einige geeignete Orte»
Parallel zur Erarbeitung der neuen Verordnung ist die Stadt auf der Suche nach einem geeigneten Gebiet für den neuen Strassenstrich. Es muss «gross genug» auf Stadtgebiet sein und darf nicht für Störungen in einem Quartier sorgen. «In Zürich gibt es ein paar wenige solche Orte», sagt Casanova. Welche das sind, will die Stadt nicht kommunizieren, um öffentlichen Diskussionen vorzubeugen. Die Kriterien zeigen aber, dass die Stadt ein Modell wie in Köln plant.
Die Rheinstadt hat ihren Strassenstrich an die Peripherie verlegt. Auf einem überwachten Areal, so gross wie ein Fussballfeld, ist eine Art Strich-Quartier entstanden: Die Freier fahren mit ihren Autos in den sichtgeschützten Bereich, wo sich in Wartehäuschen Prostituierte anbieten. Kommt es zum Geschäft, wird der Akt in Boxen verrichtet. «Das Modell mit Verrichtungsboxen ist spannend», sagt Casanova, «aber es kann nicht eins zu eins für Zürich übernommen werden.» Die möglichen Probleme seien nebst dem fehlenden Platz für ein solches Projekt auch die unterschiedlichen Prostitutionsszenen.
Roma-Zuhälter sind der Knackpunkt
In Köln ist der Strassenstrich hauptsächlich ein Drogenstrich: Die Prostituierten unterstehen keinen Zuhältern und arbeiten für sich selbst. Sie alle bevorzugten den Wechsel in den geschützten Rahmen des Strich-Quartiers. In Zürich ist die Situation anders: Hier wird die Szene von Roma-Frauen dominiert, die teilweise unter der repressiven Hand von Zuhältern stehen. Ob diese ihre Frauen in ein abgeschirmtes Areal gehen lassen, wo für die Frauen auch in Sachen Hygiene und Schutz gesorgt werden soll, bleibt ungewiss. In die Planung sind deshalb auch Organisationen eingebunden, die direkt mit den Sexworkerinnen zu tun haben. «Wenn die Prostituierten das neue Modell nicht akzeptieren», sagt Casanova, «bringt es nichts.»