Roma-ZuhälterDicker Penis als Beweismittel
Im Zürcher Zuhälterprozess haben die Verteidiger der vier Angeklagten Freisprüche oder bedingte Freiheitsstrafen verlangt. Als Unschuldsbeweis dient auch ein Penis.

Die 15 Opfer mussten in Zürich auf dem Strassenstrich anschaffen gehen.
Am Donnerstag hielten die Verteidiger der mutmasslichen Menschenhändler ihre Plädoyers vor dem Zürcher Bezirksgericht. Sie versuchten ein ganz anderes Bild der Vorgänge auf dem Zürcher Strassenstrich zu zeichnen, als die Staatsanwaltschaft.
Schläge, Tritte, Drohungen und Quälereien habe es nicht gegeben. Vielmehr seien die ungarischen Frauen wegen des schnellen Geldes in die Schweiz gekommen und hätten sich bewusst und aus freiem Willen für die Prostitution entschieden. Die Männer wollen vor allem «Chauffeure» gewesen sein, die geholfen hätten, die Frauen nach Zürich zu bringen.
«Grotesk verdickter» Penis
Für Amüsement - auch unter den Angeklagten - sorgte die Beweisführung des Verteidigers von Tamás (siehe Infobox). Er erklärte, dass eines der Opfer nicht sexuell genötigt wurde, weil es keine Bemerkung zum Penis des 30-jährigen Angeklagten gemacht habe. Dieser sei durch Einspritzung von Vaseline «grotesk verdickt» (6 Zentimeter breit und 8 Zentimeter lang in nicht erigiertem Zustand). Diese ungewöhnlichen Ausmasse hätte die Frau bei der Einvernahme beschrieben, hätte sie den Penis wirklich gesehen, so der Verteidiger.
Entsprechend sollen die Frauen teils unter dem Druck der Untersuchung und teils auch berechnend gelogen und falsche Aussagen gemacht haben. Hinter den Lügen stecke auch die Hoffnung, in der Schweiz bleiben zu können. Sie fordern darum einen Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung, der Förderung der Prostitution, der sexuellen Nötigung und des Menschenhandels. Für die unrechtmässige Haft sollen sie entschädigt werden. Der Verteidiger fordert dafür 200 000 Franken. Ausserdem soll Goldfinger-Adam seinen ganzen Schmuck zurückerhalten.
Alle vier sind vorbestraft
Auch der laut Anklageschrift gewalttätige und kaltblütige Balint (siehe Infobox) bestreitet die Vorwürfe von Staatsanwältin Silvia Steiner weitestgehend. Steiner forderte in ihrem Plädoyer Freiheitsstrafen zwischen 4,5 und 16 Jahren für die Angeklagten. Für Balint forderte sie zudem die Verwahrung.
Der Lebenslauf aller vier Angeklagten spricht eine deutliche Sprache: Die zwischen 30 und 41 Jahre alten mutmasslichen Täter sind alle vorbestraft. Zum Teil haben sie in Ungarn bereits lange Gefängnisstrafen abgesessen und andere noch nicht verbüsst. Für mehrere Angeklagte liegen Auslieferungsbegehren vor.
Das Urteil wird erst am 1. Dezember erwartet.
Die vier Zuhälter:
40-jährige Adam (Name geändert) war zwischen August 2007 und Juli 2008 offenbar als Zuhälter in Zürich tätig. In dieser Zeit soll er neun Frauen zur Prostitution gezwungen haben. Als eine seiner Frauen schwanger wurde, soll er durch Schläge und Tritte in den Bauch eine Abtreibung verursacht haben. Ausserdem setzte er Schläger auf einen Widersacher an. Die Staatsanwältin fordert 11 Jahre Gefängnis für Adam. In Ungarn kassierte er bereits 7 Vorstrafen. Der eher dickliche, kleine Adam, der im Anzug vor Gericht erscheint, bestreitet fast alle Anklagen gegen ihn.
41-Jährige Balint (Name geändert) ist der brutalste der vier Zuhälter und muss sich wegen Verbrechen gegen sieben Frauen verantworten. Er sass in Ungarn bereits acht Jahre im Gefängnis wegen Vergewaltigung einer 13-Jährigen, die er aus einem Heim geholt, vergewaltigt und danach in Ungarn auf dem Lastwagenstrich verkauft hat. Sein Verhalten beschreibt die Staatsanwältin als grässliche Misshandlungen und Folterungen. Auch Balint soll mit Schlägen eine Abtreibung herbeigeführt haben. Zudem ist er wegen Vergewaltigung, gewerbsmässigem Menschenhandel, Drohung, Nötigung und mehrfacher Körperverletzung angeklagt. In Ungarn läuft zudem ein weiteres Verfahren gegen ihn. Er soll versucht haben, seine unehelichen Kinder nach Kanada zu verkaufen. Der eher kleine und schmächtig wirkenden Angeklagte hat ein zerfurchtes, hageres Gesicht und einen stechenden Blick. Er steht in einem heraushängenden weissen Hemd vor Gericht und kann sich ein abfälliges Grinsen hie und da nicht verkneifen. Die Staatsanwältin fordert für den Angeklagten 16 Jahre Gefängnis und Verwahrung.
30-jährige Tamás (Name geändert) ist Balints Cousin. Der jüngste der vier Zuhälter trägt ein Tribal-Tatoo am Hals, ist ebenfalls klein aber kräftig gebaut. Er tritt im T-Shirt vor den Richter. Sein rechtes Auge ziert ein Pflaster und ist geschwollen von einer Schlägerei im Gefängnis. Er sitzt seither im Bunker in Einzelhaft. Er hat in Ungarn bereits zwei Vorstrafen. Zudem prahlte er damit, dass er einen Menschen umgebracht habe und in Ungarn eine 6-jährige Gefängnisstrafe antreten müsse. Silvia Steiner klagt ihn wegen Vergewaltigung, Nötigung, Menschenhandel und Förderung der Prostitution an. Sie fordert neun Jahre Haft.
40-jährige Kristof (Name geändert) gilt als Mittäter. Er versuchte laut Anklageschrift vor allem Frauen in Ungarn für den Strassenstrich aufzutreiben und brachte sie in die Schweiz, damit sie dort für ihn auf den Strich gehen. Er ist wegen Menschenhandel und Förderung der Prostitution angeklagt. Staatsanwältin Steiner fordert 4,5 Jahre Freiheitsstrafe für ihn.