Lärmgeplagter Anwohner verliert Prozess

Aktualisiert

Kirchenglocken in Gossau ZHLärmgeplagter Anwohner verliert Prozess

Die Glocken der reformierten Kirche in der Zürcher Oberländer Gemeinde Gossau dürfen nachts wie bis anhin die Zeit schlagen. Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Anwohners abgewiesen, der durch den übermässigen Lärm in seinem Schlaf gestört wird.

Der Eigentümer einer 50 Meter vom Kirchturm entfernten Liegenschaft hatte bereits 2005 vom Gossauer Gemeinderat erfolglos gefordert, dass die Stunden- und Viertelstundenschläge der Kirche zwischen 21.45 Uhr und 6 Uhr morgens einzustellen seien.

Die Zürcher Baurekurskommission III wies die Eingabe des lärmgeplagten Anwohners 2007 ab. Im vergangenen Mai kam das Zürcher Verwaltungsgericht zum Schluss, dass die Lärmschutzvorschriften tatsächlich nicht eingehalten seien. Auf Sanierungsmassnahmen dürfe gleichwohl verzichtet werden.

Kritische Schwelle überschritten

Zwar betrage der maximale Lärmpegel bei spaltweise geöffnetem Fenster im Schlafzimmer des Betroffenen 63 Dezibel und liege damit über dem Grenzwert von 60 Dezibel für nächtlichen Fluglärm. Dadurch werde die kritische Schwelle überschritten, ab welcher mit Aufwachreaktionen zu rechnen sei.

Allerdings seien nur wenige Personen betroffen. Der nächtliche Zeitschlag der Kirche werde zudem von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung in der Landgemeinde akzeptiert und als langjährige Tradition mitgetragen. Eine gänzliche Einstellung des Zeitschlagens in den Nachtstunden würde diese Werte verletzen.

Tradition überwiegt

Eine Schliessung der Schallöffungen am Kirchenturm wurde vom Verwaltungericht als unverhältnismässig verworfen, da dies mit hohen Kosten verbunden wäre und während dem Tag übers Ziel hinausschiessen würde.

Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts gelangte der Anwohner ans Bundesgericht, das seine Beschwerde nun ebenfalls abgewiesen hat. Laut den Richtern in Lausanne haben ihre Zürcher Kollegen die lärmrechtlichen Sanierungserleichterungen zu Recht gewährt.

Insbesondere habe das Verwaltungsgericht davon ausgehen dürfen, dass an der Aufrechterhaltung der Tradition des nächtlichen Zeitgeläuts ein überwiegendes Interesse bestehe. Erfolglos blieb auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die in der Gossauer Polizeiordnung festgelegte Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr.

Zeitansage ist nicht Religion

Kein Gehör hatte das Bundesgericht schliesslich für den Einwand des Betroffenen, das der Zwang zur Wahrnehmung des Kirchenschalls seine religiösen Rechte verletze. Würde dies zutreffen, müsste laut Gericht das Glockengeläut sämtlicher Kirchen in der Schweiz absolut verboten werden, was natürlich nicht angehe.

Der nächtliche Glockenschlag weise im übrigen gar keinen Zusammenhang mit der Religion auf, womit die Rüge ohnehin ins Leere stosse. Das Bundesgericht hat bereits von vier Jahren eine Beschwerde gegen die Zeitschläge in Gossau abgewiesen.

(Urteil 1C_297/2009 vom 18.1.2010; keine BGE-Publikation) (sda)

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