Gibt es bald eine Zürcher Reeperbahn?

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StrassenstrichGibt es bald eine Zürcher Reeperbahn?

Ein Sexviertel mit Fenster-Prostitution, Anschaff-Beizen und Zimmern für die Frauen: Das könnte im Zürcher Schlachthof entstehen. Doch das Ausland hat keine guten Erfahrungen mit Sex-Strassen gemacht.

von
Annette Hirschberg

Grossbusige Frauen in knapper Sexwäsche, die sich Männern durchs geöffnete Fenster anbieten: In Hamburg gehören sie zu St. Pauli wie die Vergnügungs- und Flaniermeile Reeperbahn. Auf dem Strassenstrich, der Herbertstrasse, stehen gegen 250 Frauen in den Fenstern. Rund herum pulsiert das Rotlichtviertel mit Nachtclubs, Bordellen und Striptease-Bars. Und genau diese «sündigste Meile der Welt» dient Milieu-Anwalt Valentin Landmann als Vorbild für ein neues Rotlichtviertel in Zürich. Er will damit das Strassenstrich-Problem lösen.

«Ein künstliches Biotop für Sex»

«Ideal wäre ein sehr eng umgrenztes Gebiet, in dem alle Bereiche des Sexgewerbes untergebracht sind», sagt Landmann. Nebst Fenster-Prostitution sollte es auch Absteigen für die Strassendirnen, Anschaff-Beizen, Striptease-Bars und Bordelle geben. «Ein künstliches Biotop, in dem sich alles um Sex und Erotik dreht», so Landmann. Als möglichen Ort hatte Landmann gegenüber den Medien den Zürcher Schlachthof genannt. «Das war ein Beispiel, so ein Bermuda-Viereck könnte aber überall entstehen, so lange die Gegend verkehrstechnisch gut erschlossen ist.»

Kein Platz für Rotlicht-Viertel

Doch wie realistisch ist eine Zürcher Herbertstrasse? Bei Rolf Vieli, Leiter der städtischen Projekte Langstrasse Plus und Rotlicht, stösst dieser Vorschlag auf wenig Gegenliebe: «Zürich ist sehr klein und hat schon zu wenig Platz für Wohnende und das restliche Gewerbe, da kann man keinen eigenen Raum in dieser Grösse für das Rotlichtmilieu schaffen.» Solche Sex-Quartiere, wie man sie aus Hamburg oder auch Amsterdam kenne, seien typisch für Hafenstädte. «Die Hamburger Reeperbahn und der Amsterdamer Wallen haben eine uralte Bordell-Tradition», sagt Vieli. In Zürich hingegen boome das Milieu erst seit den 70er-Jahren.

Andere Städte schaffen Sex-Viertel ab

Zudem kämpfe man in Hamburg und Amsterdam schon seit Jahrzehnten gegen die Kriminalität und das organisierte Verbrechen, das die Prostitution mit sich bringe. In den Hafenstädten Genua und Marseille habe man die Sexviertel bereits mit brachialer Gewalt ausgeräuchert und abgeschafft. «In Amsterdam versucht man den Strassenstrich zu halbieren und in Hamburg hat man für die gesamte Reeperbahn rigide Sicherheitsgesetze eingeführt.» So seien dort weder Glasflaschen noch Waffen aller Art erlaubt. «Dennoch gibt es Probleme mit der Kontrolle», sagt Vieli.

Einige wollen Strassenstrich abschaffen

Der Projektleiter Rotlicht glaubt darum, dass eine andere Lösung mehr Chancen hat. Genaueres will er aber noch nicht verraten. Bis Ende Jahr will die Projektgruppe dem Zürcher Stadtrat ausgearbeitete Vorschläge zur Regelung des Strassenstrichs vorlegen. Eine gute Lösung zu finden sei schwierig, aber machbar. «Wir tendieren zu einer Begrenzung auf ein Gebiet, das sich gut kontrollieren lässt», sagt Vieli. Es gebe aber auch Stimmen, die die Strassenprostitution ganz abschaffen wollen.

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