Streik: «Die Lehrer verschliessen die Augen vor den Problemen»

Aktualisiert

Streik: «Die Lehrer verschliessen die Augen vor den Problemen»

In Affoltern am Albis haben die Schülerinnen und Schüler des Schulhauses Ennetgraben genug: Nachdem ein Mädchen ein Messer gegen eine Schülerin einsetzte, ruht der Unterricht. In einem anonymen Schreiben werden happige Vorwürfe gegen die Lehrerschaft erhoben.

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Marius Egger / Tina Fassbind

Gestern kam es zu einem Vorfall auf dem Pausenplatz des Schulhauses Ennetgraben. Ein Mädchen bedrohte dabei eine andere Schülerin mit einem Messer. Gegenüber 20minuten.ch bestätigten verschiedene Schülerinnen und Schüler, dass die bedrohte Schülerin in der Folge an der Hand verletzt wurde. Die aus dem Balkan stammende Täterin wurde in der Folge vorübergehend vom Unterricht suspendiert. Die an der Hand verletzte Schülerin konnte heute wieder in die Schule.

Verstärkte Pausenaufsicht und eine gewaltfreie Schule

Die Oberstufenschüler von Affoltern am Albis hatten ob dieses Vorfalls jedoch «die Nase voll», wie Schülerin A.N (Name der Redaktion bekannt) die Stimmung im Ennetgraben auf den Punkt brachte. Die Folge: Aus Protest gegen diese Attacke sind zahlreiche Schülerinnen und Schüler heute nach der 10-Uhr-Pause in einen Streik getreten. Die Lehrer wurden ob dieses Vorgangs überrascht, wie sie sagten. Eine Minderheit der Schülerschaft wollte sich den streikenden und protestierenden Schülern nicht anschliessen und nahmen am Unterricht teil.

Am Nachmittag wiederholten Rund 80 Schülerinnen und Schüler den Protestmarsch. Sie liefen mit Transparenten «bewaffnet» vom Gemeindehaus Richtung Schule und forderten «keine Gewalt». Auf dem Pausenhof wurden sie von der Lehrerschaft in Empfang genommen, wo anschliessend die bereits am Morgen angekündigten Gespräche zwischen den Schülern und den Lehrern stattfanden. Die Forderungen der Schüler: Verstärkte Pausenaufsicht und eine gewaltfreie Schule.

Gegenüber 20minuten.ch sagte 1.Sek-Schüler M.D. (Name der Redaktion bekannt), dass es im Ennetgraben immer wieder zu Schlägereien und Drohungen komme und «die Lehrer zu wenig gegen die Gewalt unternehmen» würden. Eine Aussage, die von verschiedenen Schülern vor Ort unabhängig voneinander gemacht wurde. Schulpflegepräsidentin Anneliese Böhler wollte das nicht gelten lassen. «Wir haben keine Fakten, die das belegen. Die Schüler müssen zu uns kommen, wenn ein solcher Vorfall stattgefunden hat. Wir nehmen jeden Vorfall ernst. Das passiert aber eher selten.»

In einem anonymen Schreiben «an die werte Lehrerschaft», das 20minuten.ch vorliegt, werden jedoch schwere Vorwürfe erhoben. Es müssten «Konsequenzen» gezogen werden, «am wünschenswertesten wäre eine Suspendierung vom Schulbetrieb», heisst es auf dem Flyer mit Verweis auf die Täterin. Das Mädchen, das eine Schülerin attackiert haben soll, sei laut Aussagen verschiedener Jugendlicher wiederholt durch aggressives Verhalten in der Schule aufgefallen aufgefallen. Sowohl Schulpräsidentin Anneliese Böhler als auch Schulpfleger Andreas Spinner wissen nicht, wer das Schreiben verfasst hat. Es stamme jedoch nicht vom «Streikgremium», das aus drei Schülern bestehe. Weder Böhler noch Spinner wollten das Verhalten des Mädchens kommentieren. Das Mädchen wurde für den heutigen Freitag von der Schule suspendiert. Wie die Zukunft aussehe, sei noch nicht entschieden.

«Die Lehrer verschliessen die Augen vor solchen Problemen»

In dem anonymen Schreiben wird auch die Lehrerschaft angeprangert: «Es scheint unglaublich, ist aber leider Realität: Die Lehrer wollen diese Delinquentin nicht zur Rechenschaft ziehen. Sie verschliessen die Augen vor solchen Problemen, und das ist nicht das erste Mal.»

Gemäss Schulpräsidentin Böhler würde die Schule «möglichst alles» unternehmen, um Gewalt zu verhindern. Seit drei Jahren sei eine Schulsozialarbeiterin angestellt, die den Jugendlichen ausser am Mittwoch während den Schultagen zur Seite stehe. Auch Pausenaufsichten seien selbstverständlich. Gemäss Spinner würden einige Lehrpersonen während den Pausen auf dem Schulareal patrouillieren. Eine weitere Lehrperson stehe für die Schülerschaft bei Problemen zur Verfügung.

Den Schülern geht das zu wenig weit. Dies zeigt die Forderung nach verstärkter Pausenaufsicht. Die Verantwortlichen der Schule wollen am Montag informieren, welche Massnahmen konkret getroffen werden sollen. Die Eltern werden heute noch schriftlich über die Vorkommnisse informiert. Schulpräsidentin Anneliese Böhler sagte, es werde «alles unternommen, um Gewalt an der Schule zu verhindern». Trotzdem gab sie im Gespräch zu, dass «ein Vorfall mit einem waffenartigen Gegenstand» ein Novum sei.

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(Video: Mobile-Reporter)

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