Patrick Moore zu Besuch in ZürichStreit um «Greenpeace-Judas»
Ein abtrünniger Greenpeace-Aktivist spricht heute Abend vor Zürcher Publikum über die Vorteile von Atomenergie. Was die einen ärgert, freut die anderen.
Ein Verräter sei er. Ein von der Industrie gekaufter Überläufer. Und: Judas hätte wenigstens den Anstand gehabt, sich aufzuhängen nachdem er Jesus verraten hätte. Letzteres ist ein Satz, der von der Internet-Hasseite «Patrick Moore is a big fat liar» als bestes journalistisches Zitat prämiert wurde.
«Patrick Moore ist kein Gründungsmitglied von Greenpeace»
Der Beschimpfte ist Patrick Moore, ein Umweltaktivist der ersten Stunde und Abtrünniger der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die Schweizer Atomlobby aves hat Moore für einen öffentlichen Vortrag, der heute Abend in Zürich stattfindet, in die Schweiz eingeladen. Der streitbare Umweltschützer wird auch über die Vorteile der Kernenergie sprechen. Er ist überzeugt: Umweltschützer sollten die Kernenergie propagieren statt bekämpfen. Dass er sich dabei als eines der «Gründungsmitglieder» von Greenpeace bezeichnet, stösst so manchem seiner Gegner sauer auf: «Moore ist kein Gründungsmitglied von Greenpeace,» sagt Leo Scherer, Sprecher von Greenpeace Schweiz. Die Behauptung, einer der Gründungsväter der Umweltschutzorganisation zu sein, hält Scherer für eine PR-Masche. «Könnte er nicht ständig auf seine angebliche Rolle als Gründer von Greenpeace verweisen, würde niemand ernst nehmen, was er sagt.»
Umweltaktivist der ersten Stunde
Tatsache ist: Der promovierte Ökologe Moore gehörte bereits Ende der Sechziger zur Umweltschutzbewegung Kanadas und wurde 1977 Präsident der 1971 gegründeten Greenpeace Stiftung. Er leitete die Geschicke von Greenpeace Kanada während neun Jahren, bevor er mit der Organisation brach und seine eigenes Unternehmen gründete.
Unhaltbare Behauptungen
«Patrick Moore ist auffällig häufig als gut bezahlter Redner der Speerspitze der Atomwirtschaft zu sehen», moniert Leo Scherer von Greenpeace Schweiz, «er stellt bei seinen Reden Behauptungen auf, die schlicht unhaltbar sind und den wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen.»
Rolf Schweiger, FDP-Ständerat und Präsident von aves-Schweiz, schätzt Moore als Experten mit viel Sachverstand zum Thema. «Tragend für unseren Entscheid, ihn einzuladen, war auch die Art und Weise, wie Herr Moore seine Meinung vertritt.» Die hält er im Übrigen für kritisierbar. Das finden auch seine Gegner. Sie sagen: Dem Mann ist nicht mehr zu trauen. Wo er drei Jahrzehnte zuvor noch schlicht das Gegenteil behauptete, nämlich dass Atomkraftwerke zu den gefährlichsten Errungenschaften der Menschheit gehören würden, legt er sich jetzt mit der Atomindustrie in ein Bett.
Gage sei «kein exorbitanter Betrag»
Dass Patrick Moore eine derart umstrittene Person ist, hat laut Schweiger auch dazu beigetragen, dass Aves den Ex-Greenpeace-Aktivisten für heute Abend eingeladen hat. Die Atomlobby will vom Rummel um den abtrünnigen Umweltaktivisten profitieren. Wieviel sie sich den PR-Gag kosten lassen, will Schweiger gegenüber 20 Minuten Online nicht sagen. Die Gage, die aves-Schweiz an Patrick Moore zahle, sei aber kein «exorbitanter Betrag».